Rheinpfalz Für viele der letzte Notnagel

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Acht Menschen haben am Dienstag die Gelegenheit genutzt, dem Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz, Dieter Burgard, ihre Sorgen und Nöte mitzuteilen. Die Beschwerden reichten von einem geplanten Bürgersteig einer Kreisstraße bis hin zur Übernahme der Kosten eines Hörgerätes durch die Krankenkasse und Rentenversicherung.

Es sei ein langer, aber interessanter Sprechtag gewesen, schilderte Dieter Burgard am Abend. Sogar ein Petent aus dem Westerwald – so nennt Burgard die Menschen, die ihn um Unterstützung bitten – sei nach Kusel gekommen, weil er nicht mehr weiter gewusst habe. „Für viele ist der Bürgerbeauftragte der letzte Notnagel, ein Kümmerer, der sich für die Sache der Menschen einsetzt“, beschrieb Burgard seine Rolle. Dass es nicht nur um Probleme oder Missverständnisse mit Behörden geht, zeigte der Fall des ersten Ratsuchenden – ein Vater, dessen Sohn trotz akademischer Ausbildung im Leben nicht vorankomme. „Der Mann wollte einfach nur die Meinung einer neutralen Person mit Berufs- und Lebenserfahrung hören“, schilderte Burgard. Doch was kann ein Bürgerbeauftragter in solch’ privaten Situationen ausrichten? Die Möglichkeiten seien da eingeschränkt. Burgard will sich informieren, ob der junge Mann vielleicht als Quereinsteiger in den Lehrerberuf finden könnte. „Häufig geht es auch darum, dass die Menschen die Bescheide der Ämter einfach nicht verstehen oder sich Institutionen die Verantwortung gegenseitig zuschieben“, sagte Burgard. So benötigte ein Petent ein neues Hörgerät, das 7000 Euro kostete. Derzeit streiten Krankenkasse und Rentenversicherung wegen der Kostenübernahme miteinander – und der Betroffene muss auf eine Einigung warten. Dem Bürgerbeauftragten war sein Gegenüber bereits bekannt. Vor sieben Jahren hatte die gleiche Person ein ähnliches Problem vorgebracht, das die Juristen in Burgards Team erfolgreich hatten lösen können. Rund drei Monate dauert es im Durchschnitt, ehe ein Fall abgeschlossen ist. Sofern Gutachten erstellt werden müssen, liegt die Bearbeitungszeit aber auch gut und gerne mal bei bis zu zwei Jahren. „Wir informieren die Petenten auch wiederholt über den Stand der Dinge“, erläuterte der Bürgerbeauftragte, der seinen Sitz beim Landtag hat und eng mit dem Petitionsausschuss zusammenarbeitet. Der Vorteil für die Bürger: Die Hilfe des Bürgerbeauftragten und seines Teams ist kostenlos. „In zwei Dritteln der Fälle können wir einen Erfolg, zumindest einen Kompromiss erreichen, so dass alle Parteien zufrieden sind“, sagte Burgard. Mehrere Telefonate muss der Bürgerbeauftragte wegen einer weiteren Beschwerde führen: Beim Ausbau einer Kreisstraße im Landkreis Kusel soll erstmals ein befahrbarer Bürgersteig angelegt werden. 75 Prozent dieser Kosten, rund 175.000 Euro, sollen die Anlieger stemmen. „Viele können sich das nach eigener Aussage nicht leisten und sehen auch keine Notwendigkeit eines Bürgersteigs.“ Neben Gesprächen mit dem Landesbetrieb Mobilität und dem Landkreis will Burgard gegebenenfalls eine Stellungnahme der Polizei einholen. Einen Teilerlass der Grundsteuer will ein weiterer Petent erreichen, der nur Teile seines Grundstücks vermietet hat. Darüber hinaus wünscht sich der Mann die Abschaffung der Jagdsteuer, die vom Landkreis erhoben wird, da auch andere Menschen den Wald nutzen würden. „Da geht es um eine Gesetzesänderung. Das ist eine größere Angelegenheit“, erläuterte Burgard ohne ins Detail zu gehen. Immer wieder werden auch Beschwerden von Nachbarn zum Thema. Bei der Sprechstunde am Dienstag ging es zum Beispiel um die Haltung von Tieren, die eine Bürgerin seit vielen Jahren im Winter auf ihrem Grundstück untergebracht hat. „Die Frau hat Angst, dass ihr durch die Beschwerde die Tiere weggenommen werden.“ In dem Fall eines weiteren Petenten geht es um dessen Drehereibetrieb. „Er läuft nach einer Beschwerde Gefahr, den Betrieb schließen zu müssen, da die Behörde diesen als störendes Gewerbe einstuft“, skizzierte Burgard, der nun eine Fachbehörde einschalten wird, die prüfen soll, ob der Mann seinen Betrieb nach der Durchführung von Schallschutzmaßnahmen weiterführen darf. (hlr)

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