Kultur Südpfalz Etwas zu krachledern

Eine Notgemeinschaft am Rand des Jakobswegs bilden vier Männer in der Komödie „Wir sind mal kurz weg“.
Eine Notgemeinschaft am Rand des Jakobswegs bilden vier Männer in der Komödie »Wir sind mal kurz weg«.

Männer haben es schwer, Männer mittleren Alters ganz besonders. Männer wissen das. Frauen müssen es oft erst noch lernen. Ihnen bietet die launige „Midlife-Crisis-Revue“ im Karlsruher Spielort K2 unterhaltsame Hilfe. Denn die Männerkomödie „Wir sind mal kurz weg“ von Tilmann von Blomberg und Bärbel Arenz stellt ihre „Helden“ in eine brenzlige Ausnahmesituation, in der sie sich bewähren und zu sich selbst kommen sollen.

Gleich vier solcher bedauernswerten Exemplare finden sich am Rande des Jakobsweges zu einer Notgemeinschaft zusammen, die weitab von aller religiösen Erhebung zu einer amüsanten Seelen-Klempnerei gerät. Die unwirtliche Gegend mit nur gelegentlichem Handyempfang und ohne jeden Komfort zwingt die Männer zum Umsteuern. So unterschiedlich sie sein mögen, so machen sie sich doch am Ende, nach allerlei gruppendynamischen Reibereien und erfrischendem Psycho-Striptease, gemeinsam auf den Weg in eine neue Zukunft. „Mann o Mann“ war 2012 der ursprüngliche Titel des munteren, musikalisch durchsetzten Stücks, dessen jetziger Titel werbeträchtig auf den erfolgreichen Reisebericht von Hape Kerkeling anspielt und den anhalten Rummel um den Pilgerweg nach Santiago de Compostela nutzt. Dem Publikum des Karlsruher K2 ist der Autor Blomberg durch Stücke wie „Heiße Zeiten“ oder „Höchste Zeit“ bereits bekannt, und auch diesmal gelingt es ihm wieder, durch pointierten Witz und die Kunst der drolligen Tabuverletzung dem geläufigen, häufig strapazierten „Männer“-Thema und dem populären Jakobsweg-Hype gut zwei Stunden lang vergnügliche Aspekte und augenzwinkernde Zeitgeisterei abzugewinnen. Wie da der im eigenen Schneckenhaus verschlossene Studienrat Helmut, der im ständigen Konkurrenzkampf mit sich selbst liegende Geschäftsmann Joe, der hochtourige, bindungsschwache Dauerjüngling Sven und der treuherzige türkische, allzeit gefällige Obsthändler Haluk die gewohnten Bahnen verlassen, wie sie sich zunächst outen und dann neu zusammensetzen, wie sie belastende Selbstbilder abwerfen und im Erlebnis der Solidarität zu einem neuen Verhältnis nicht nur zu sich selbst finden – das führt diese Revue mit Schwung und herzhaftem, manchmal vielleicht allzu derbem Humor vor. Blombergs Stück bezeugt, dem Geschmack unserer Tage folgend, die Überzeugung, dass es nichts Komischeres als Männer in Unterhosen, sexuelle Zweideutigkeiten und deftige Zoten gibt. Und so geht es denn auch oft reichlich krachledern zu – sehr zum kreischenden Vergnügen von Teilen des Publikums, das auf solche Höhepunkte der absichtsvollen Anstößigkeit geradezu lauert. Die Inszenierung von Eva Brunner gibt diesem Bedürfnis großzügig nach. Die Regisseurin, als pralle Komödiantin den Karlsruher Theaterfreunden gut bekannt, weiß um das „Handwerk“ der Schauspielerei und lässt den Darstellern lange Leine bei der Gestaltung ihrer Figuren und deren Leiden unter den Symptomen der verflixten Midlife-Crisis. So spielt der großartige Thomas Engel den verklemmten Beamten Helmut als köstliche Type mit Tiefgang. Christoph Schüchner entwirft als türkischer Gutmensch Haluk ein liebenswürdiges Porträt des schlichten Freundes, ohne bei seinen kleinen Übertreibungen in die bloße Karikatur abzustürzen. Sein aufmunterndes Lied „Gü nü nü gün Et“ zählt zu den nachhaltigen Momenten des Abends. Merten Schroedter als ewig gestresster „Macher“ Joe zeichnet das Zerrbild eines Möchtegern-Kerls, und Boris Rosenberger stellt in kräftigen Farben das Großmaul Sven vor, der auf der Flucht vor jeglicher Verantwortung am Ende durch eine unerwartete Vaterschaft bekehrt wird. Im Bühnenbild von Florian Anger, das zwischen einem kargen Baum mit welker Dali-Uhr und einer verkitschten Madonnenstatue einen vielseitigen Spielraum eröffnet, entfaltet das Quartett der gebeutelten Helden einen kurzweiligen Reigen von Absonderlichkeiten und absurden Späßen. Eine beflügelnde Wirkung kommt dabei den oft sehr anspruchsvollen musikalischen Arrangements von Carsten Gerlitz zu, bei denen bekannten Melodien aus der Welt von Pop und Oper, Schlager und Volkslied neue, aktuell und witzig auffrisierte Texte von Bärbel Arenz unterlegt wurden. Zwar machen die K2-Herren ihre gelegentlichen Schwächen in Sangeskunst durch animierte Präsentation und kesse Choreographie, für die Patrick Nitschke verantwortlich zeichnet, wett, aber die magere Playback-Begleitung wirkt auf Dauer doch ein wenig dünn. INFO Die nächsten Vorstellungen von „Wir sind mal kurz weg“ im K2 in Karlsruhe sind von Mittwoch, 10. Oktober, bis Sonntag, 14. Oktober, jeweils 20 Uhr. Karten und weitere Termine unter Telefon 0721 23111 und im Internet unter www.kammertheater-karlsruhe.de.

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