Eisenberg Eine zu Herzen gehende Hommage

Der Frankenthaler Projektchor mit Dekanin Sieglinde Ganz-Walther (vorn mit Gitarre) zeichnete Dietrich Bonhoeffers Leben nach.
Der Frankenthaler Projektchor mit Dekanin Sieglinde Ganz-Walther (vorn mit Gitarre) zeichnete Dietrich Bonhoeffers Leben nach.

Eine wunderschöne, zu Herzen gehende Hommage an Dietrich Bonhoeffer war am Sonntagnachmittag in der protestantischen St.-Andreas-Kirche Biedesheim zu erleben. Ein Projektchor aus Frankenthal präsentierte ein Popmusik-Singspiel nach Peter Janssens mit Texten von Priska Beilharz. In dem rund einstündigen Konzert wurden die Stationen des Lebens des Theologen und Widerstandskämpfers gegen das Naziregime nachgezeichnet.

Es besteht kein Zweifel daran, dass man geübte Sängerinnen und Sänger vor sich hat. Sehr klar hallen ihre Stimmen durch das romanische Gotteshaus mit den beeindruckenden Wandmalereien, differenziert sind die verschiedenen Tonlagen. Die Aussprache ist deutlich, nahezu jedes Wort verständlich. „Wir sind alle in unterschiedlichen Kirchenchören aktiv und entsprechend erfahren“, erläutert die Frankenthaler Dekanin Sieglinde Ganz-Walther gegenüber der RHEINPFALZ. Im Zwei-Jahres-Rhythmus fänden sich rund 25 Sänger für ein Projekt zusammen. „Wir haben unter anderem schon Albert Schweitzer, Hildegard von Bingen und Franz von Assisi in Singspielen vorgestellt“, so Ganz-Walther. In diesem Jahr hat sich der Chor mit Bonhoeffer beschäftigt. Dessen Vita wurde dann an seinem Todestag, 9. April, in der Friedenskirche Frankenthal erstmals musikalisch vorgestellt. Unter den Zuhörern war Ellen Stössel, die in Biedesheim einen kleinen Dorfladen betreibt. „Sie hat mich angesprochen und gefragt, ob wir nicht auch mal in ihrem Heimatort auftreten könnten“, sagt die Dekanin, die die Begleitung mit der Akustikgitarre übernommen hat. Das Musical „Dietrich Bonhoeffer – ein Leben im Widerstand“, das von Janssens, dem aus Telgte bei Münster stammenden Mitbegründer des Sacro-Pop („heilige“ populäre (Kirchen-)Musik der Gegenwart) 1995 komponiert wurde, hat Bezirkskantor Eckhart Mayer für seinen Projektchor passend arrangiert. Beispielsweise sind an den Stellen mit Dialogen eigentlich zwei Solostimmen vorgesehen. „Aber das können wir hier nicht leisten“, erklärt Ganz-Walther. Insgesamt sei es für die überwiegend älteren Mitglieder eine Herausforderung, so etwas Modernes zu singen. „Wir sind eher in der Klassik daheim, tragen Stücke von Mendelssohn Bartholdy, Händel oder Bach vor“, informiert die Dekanin. Dennoch wurde für das Singspiel relativ wenig geprobt: Nur etwa ein dutzend Mal, wie Mayer verrät. Im St.-Andreas-Kirchlein unterstützt er die Sänger mit dem Keyboard, das allerdings fast nicht zu hören ist. Prägnante Akzente setzt dagegen Klarinettistin Susanne Daniv. Ihre äußerst gefühlvollen Zwischenspiele erfüllen den kleinen Sakralbau ebenso wie der voluminöse Chorgesang. Die gute Akustik des Raums macht das zum Genuss. In 19 Liedern wird Bonhoeffers Leben erzählt. Es beginnt mit einem „Hilferuf“: „Höre Gott, gerechte Sache, merke auf mein Fleh’n“ und endet mit: „Wir sind allein auf weiter Erde und ist kein andrer für uns, ist doch Gott bei uns.“ Lektorin Birgit Gakstatter führt in jeden Abschnitt ein. Als Auftakt lässt sie das Publikum aber an dem dramatischen Tod von Bonhoeffer am 9. April 1945 teilhaben, der gemeinsam mit einigen Mitstreitern der misslungenen Hitler-Attentate gehängt wurde. Schon als Jugendlicher habe sich Bonhoeffers Widerstand gegen ein Schulsystem gezeigt, das junge Männer systematisch auf den Heldentod vorbereitet, berichtet Gakstatter. Nach der Ermordung des Industriellen und liberalen Politikers Walther Rathenau am 24. Juni 1922 lässt sich der 16-jährige Bonhoeffer in einem Brief an seine Zwillingsschwester Sabine über das „Schweinevolk von Rechtsbolschewisten“ aus. 1923 nimmt er das Studium der Theologie auf. Als zehn Jahre später Hitler als Reichskanzler die Macht ergreift, wird die Stellung der Kirche zum Nationalsozialismus ein zentrales Thema für den Pfarrer. Mit Blick auf die geplanten Attentate der Widerstandsgruppe, der er sich anschließt und die sich in seinem Elternhaus trifft, beantwortet er die Frage nach dem Tyrannenmord (darf ein Christ gegen das Gebot „Du darfst nicht töten“ verstoßen?) eindeutig mit „Ja“.

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