Rheinpfalz Ein Chemiker im Schuhgeschäft

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Bruchweiler-Bärenbach. Als kleiner Junge ist er in der Fabrik der Eltern mit Schuhen aufgewachsen, mit Anfang 50 ist Bernd Burkhart zu Schuhen zurückgekehrt. Freilich mit einem ungewöhnlichen „Umweg“: Über 24 Jahre hat er im BASF-Konzern gearbeitet, war dort zuletzt für den weltweiten Verkauf von Aroma-Chemikalien zuständig und zwischen drei Kontinenten unterwegs. Heute kümmert er sich um die drei Schuhgeschäfte der Familie, deren Firmenzentrale im beschaulichen Bruchweiler liegt.

Am 1. Januar 2015 hat Bernd Burkhart ein neues Leben angefangen. Raus aus einem Berufsleben als Führungskraft mit internationaler Verantwortung in einem Weltkonzern und rein in die Selbstständigkeit als Schuhhändler im ländlichen Bruchweiler-Bärenbach. Aus eigenem Wunsch habe er am 31. Dezember 2014 in der BASF aufgehört, erzählt der 54-Jährige. Nach 24 Jahren in dem Ludwigshafener Chemie-Konzern. Im September 1990 hatte der promovierte Chemiker im Labor der BASF angefangen, kam übers Marketing für Waschmittel und Kosmetik in den zentralen Bereich Strategische Planung, wurde für drei Jahre in die USA delegiert. Dort, in New Jersey, wohin ihn auch die Familie begleitete, war er dann für das komplette Nordamerika-Geschäft im Kosmetik-Verkauf zuständig. Wieder zurück in Deutschland, übernahm er die weltweite Zuständigkeit für den Verkauf der Aroma-Chemikalien. Ein spannendes Berufsleben, das freilich besondere Anforderungen bereithielt. Etwa hohen Termindruck. Und viele Reisen. Asien, Amerika, Europa: Zwischen den Kontinenten ging es immer wieder hin und her. Er habe in drei Zeitzonen gelebt, stellt Burkhart fest. Eine anstrengende Sache, denn Urlaubsreisen waren das nicht. Irgendwann habe er sich gefühlt wie ein Hamster in einem Rad, erzählt er – und sein Leben neu geordnet. Es war eine Entscheidung, die Mut erforderte. Einem Weltkonzern und einer gut dotierten Führungsposition den Rücken zu kehren würde sich nicht jeder trauen. Kopf- und planlos dürfe man so etwas natürlich auch nicht tun, betont Burkhart – „man braucht eine klare Vorstellung davon, was man danach macht“. Für ihn war es klar: zurück zu den Wurzeln. Die liegen für Bernd Burkhart bei den Schuhen. Eine Branche, in die der gebürtige Bruchweilerer sozusagen hineingewachsen ist. Denn in der Schuhfabrik, die seine Eltern Mitte der 60er Jahre mit Familienmitgliedern im Ort gegründet hatten, hat schon der Grundschüler nach dem Unterricht Schuhe eingepackt. Später, als er aufs katholische Internat in Speyer kam, war er nur noch alle zwei Wochen daheim, entschied sich nach dem Abitur fürs Studium der Chemie – ein Bereich, der ihn schon früh fasziniert habe, wie er bekennt. Die Schuhgeschichte hat ihn dennoch geprägt. Bis zu 40 Mitarbeiter beschäftigten seine Eltern in den guten Zeiten – damals, als bald 600 Menschen im Ort in der Schuhindustrie ihr Brot verdienten, die Heimarbeitsplätze noch nicht mitgezählt. „Uns ging’s gut hier“, erinnert er sich – es gab Arbeit in den Schuhfabriken und das Zubrot durch Vermietungen an Angehörige der auch im Dahner Land präsenten US-Armee. Auch den Niedergang der deutschen Schuhindustrie infolge steigender Importe hat Bernd Burkhart hautnah miterlebt. Sein Vater, erinnert er sich, habe das rechtzeitig erkannt, ab 1980 die Schuhproduktion langsam zurückgefahren und einen Schuhhandel aufgebaut mit drei Geschäften. Behalten habe der Vater aber seine Werkstatt. Dort fertigte der gelernte Schuhmacher die „Wasgauer“: Bequemschuhe für Damen und Herren, die er je nach Wunsch in über 50 Lederfarben herstellte. Das letzte Paar des inzwischen verstorbenen Vaters hält der Sohn bis heute in Ehren. Schuhe werden bei Burkharts nicht mehr produziert. Und ihr Schuhhandel hat sich behauptet: Jeweils ein Geschäft gibt es in Bruchweiler-Bärenbach, bei Worms und in Dahn, letzteres mit einer Abteilung für Geschenkartikel. Dass sich die Geschäfte halten können, wo gerade auf dem Land immer mehr Einzelhändler schließen, führt Bernd Burkhart vor allem auf zwei Dinge zurück: vertretbare Kosten, so etwa durch eine eigene Immobilie, und Vorteile beim Einkauf; so könnten sie bei drei Geschäften auch ein breiteres Sortiment anbieten als nur für einen Laden. Nicht zuletzt spielt auch eine Rolle, dass die Familie mitarbeitet: Um Geschäfte und Einkauf kümmert sich Bernd Burkhart gemeinsam mit seiner Mutter Renate. Seinen Entschluss, den Manager-Posten zu verlassen, hat er nicht bereut. Denn jetzt hat er wieder mehr Zeit. Zum Beispiel für eine Fortbildung im Bereich Finanzmarkt – rein aus Interesse, sagt er. Oder ganz einfach dafür, einmal im Monat mit Freunden wandern zu gehen. Er wolle, sagt er, die eigene Heimat einmal besser kennenlernen. WIRTSCHAFT

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