Rheinpfalz Durch Tochter zu Heidi und Hanna gekommen

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Wer vor einigen Jahren das Litschbachtal von Nothweiler Richtung Niederschlettenbach durchwandert hat, dem begegneten zwei ganz verschiedene Wiesenlandschaften. Im oberen steilen Bereich saubere Mäh- und Weidewiesen, im flachen unteren Tal größtenteils brachliegende verwilderte und verbuschte Wiesen. Die Brache ist jedoch in den letzten Jahren zusehends verschwunden. Indische Zebu-Rinder sorgen dafür, dass die Wiesen wieder als solche erkennbar sind.

Im Wiesental, wo sich im Mittelalter noch die Fischweiher der Ritter Hans von Droth und der Wegelnburger wie an einer Perlenkette aneinanderreihten, bedeutete es eine gewaltige Herausforderung, der Verbuschung Einhalt zu gebieten. Ralf Görtler aus Nothweiler hat sich dieser Aufgabe gestellt und dort eine Zebu-Zucht eingerichtet. Angefangen hat er 2006 mit den Zebus. Landwirtschaft und Viehzucht waren für ihn nichts Neues. Die Eltern hielten schon immer Rinder, Wiesen waren ebenfalls vorhanden. Wie aber ist er auf die ausgefallene Rinder-Rasse gekommen? Zunächst lobt er das gute Fleisch der Tiere, das sehr cholesterinarm und fettarm sei. Eigentlich war er durch sein Töchterchen Eileen darauf gekommen, die unter Rheuma leidet und kein Schweinefleisch essen soll. Über einen Zeitungsbericht sei er auf Zebus in Donsieders aufmerksam geworden. Er schaute sich die Rinder dort an und kaufte spontan zwei Tiere. Bei einem Großzüchter im Allgäu holte er weitere Informationen ein und absolvierte einen Züchterkurs. Im gleichen Jahr erwarb er im Allgäu sieben weitere Zebus. Alle seine Tiere zählen zu der Rasse der kleinen Zwerg-Zebus. „Ich wollte keine großen Rinder mit Rücksicht auf meine Kinder“, erklärt Görtler. Stolz erläutert er, dass er die einzigen Zebus in Rheinland-Pfalz in der Herdbuch-Zucht ziehe. Beim Herdbuch handele es sich um eine Bestätigung der Reinrassigkeit und Abstammung. Dadurch könne er eine gleichbleibende Fleischqualität liefern. Derzeit hat Görtler 24 Rinder. Alle Mutterkühe mit Kälbern stehen im Litschbachtal, sechs Bullen hält er auf einer separaten Weide. Ein reinrassiges Zebu kostet in der Anschaffung gut 1000 Euro, etwas mehr als ein normalen Rind. Die Tiere seien für den Wasgau bestens geeignet. Da sie relativ leicht seien, entstünden in der Flur keine großen Trittschäden. Ein Hauptgrund für das Unternehmen sei natürlich gewesen, dass die Zebus alles fressen, von Dornen über Schlehenhecken bis zur Brennnessel. „Als ich mit der Beweidung im Litschbachtal angefangen habe, war der Bereich unterhalb der Panzersperre völlig verwildert. Nach jetzt vier Jahren sind die Wiesen wieder schön sauber gefressen“, berichtet Görtler. Er schwärmt von den Eigenschaften dieser Tiere. Sie seien pflegeleicht, standorttreu und können ganzjährig draußen in der Natur gehalten werden. Ihre Anpassungsfähigkeit erstaunt sogar den Züchter. „Als ich letzte Woche auf die Weide kam, stand neben meiner Rinderherde eine ganze Rotte Wildschweine. Die haben sich prima vertragen.“ Das Zebu sei auch nicht aggressiv. Die Fellfarbe ist sehr variantenreich. Vom tiefen schwarzbraun bis zum weißgefleckten Rind treten alle Farbmischungen auf. Neben der Ohrmarke haben seine Lieblinge alle einen Namen. Je nach Blutlinie fangen die jeweils mit dem gleichen Buchstaben an. So gibt es neben der Helga eine Heidi und Hanna, neben der Amy und Anna eine Allice oder eine Paula und Puja. Für die Beweidung hat er im unteren Litschbachtal die meisten Wiesen gepachtet und lässt daneben seine eigenen Wiesen von den Tieren beweiden. „Ich musste jeden einzelnen Besitzer um Erlaubnis fragen. Bei manchem bin ich auf wenig Verständnis gestoßen. Diese Wiesen bleiben dann eben verwildert.“ Mit zwei anderen Bürgern um Nothweiler herum hat er mittlerweile eine Weidegemeinschaft gebildet und betreut jetzt eine Weidefläche von zwölf Hektar. Im Litschbachtal sind dies alle Talwiesen von der Panzersperre bis hinab zum Wieslauterradweg. Ganz uneigennützig ist seine Tätigkeit aber dennoch nicht. Seit etwa drei Jahren erhält er über das Vertragsnaturschutzprogramm einen geringen Zuschuss, davor musste er ohne Unterstützung auskommen. Die Weiderinder bedürfen natürlich der regelmäßigen Pflege. Mehrmals täglich schaut Görtler nach den Tieren, zwei Stunden gehen da leicht drauf. Über Winter liefert die Natur nur spärlich Nahrung. In dieser Zeit muss er zufüttern, also benötigt er auch Mähwiesen für das Heu; zusätzlich füttert er Rübenschnitzel. Zebus sind keine Milchkühe. Ihre Zucht beschränkt sich deshalb auf die Fleischgewinnung. Görtler: „Wir schlachten unsere Tiere selbst. Ab dem dritten Lebensjahr sind sie schlachtreif, erst dann wird der typische Fleischgeschmack erreicht.“ Inzwischen hat er dafür einen festen Abnehmerkreis. Die Geschmacksrichtung beim Zebu-Fleisch liegt zwischen Wild und Rind. Das Fleisch sei sehr fettarm, betont Görtler. Verarbeitet würden die Stücke wie bei einem normalen Rind, so gebe es auch Schinken. Aber die Rinder-Rasse habe ihn auch schon zum Experimentieren animiert: „Wir haben es schon mit Fleisch- und Leberkäse probiert oder mit Lyoner. Die Leberknödel wurden etwas fester, wegen der Fettlosigkeit.“ Das Fleisch sei ein wenig teurer als Rindfleisch. Absatzprobleme kennt Görtler nach eigenen Angaben nicht, es gebe eine gute Nachfrage. Info Wer Bedarf an Zebu-Fleisch hat, kann sich mit Ralf Görtler in Verbindung setzen unter Telefon 06394/ 921588 oder per E-Mail: postmaster@erzberghof.de .

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