Rheinpfalz Dicke Luft im Klärwerk

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Mannheim

. Aufregung um das Mannheimer Klärwerk: Ein 2013 entlassener ehemaliger Mitarbeiter und Ex-Personalrat erhebt in einer an alle Stadträte gesendeten E-Mail schwere Vorwürfe gegen die Leitung des städtischen Eigenbetriebs Stadtentwässerung (EBS). Er behauptet, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Klärschlamm-Vergasungsanlage des Klärwerks und seit Längerem bekannten Belastungen der Ackerböden im Mannheimer Norden durch Polyfluorierte Chemikalien (PFC) . Weitere Vorwürfe: Messungen der Luftbelastung in Arbeitsräumen der Mitarbeiter sollen manipuliert und die Finanzierung der Klärschlamm-Vergasungs-Anlage unsauber gewesen sein. Am schwersten jedoch wiegt der Verdacht, Ackerböden im Mannheimer Norden könnten von Klärschlamm-Abfällen aus der städtischen Kläranlage vergiftet worden sein. Nach Angaben des ehemaligen Mitarbeiters hat der Eigenbetrieb nicht darüber informiert, dass bei der Klärschlammvergasung als Abfallprodukt umwelt- und gesundheitsschädliche „PAK“ (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) entstehen. Belastete Abfallprodukte aus der Klärschlammvergasung sollen seit Jahren tonnenweise unmittelbar neben den inzwischen als stark mit PFC belastet eingestuften Ackerflächen gelagert worden sein. Ebenso sei die gesamte Anlage zur Klärschlamm-Vergasung nach fünf Jahren immer noch im Probebetrieb und nicht betriebssicher, behauptet der Ex-Personalrat. Dieser hatte nach dem öffentlich geäußerten Vorwurf der „Stümperei“ gegenüber der Geschäftsleitung und einem Arbeitsgerichtsprozess zum 30. Juni 2014 seine Kündigung erhalten, wie EBS-Geschäftsführer Alexander Mauritz betont. Warum gerade jetzt die E-Mail an die Stadträte geschickt worden ist, bleibt unklar. In der Sitzung des Gemeinderatsausschusses für Umwelt und Technik am Dienstag wiesen Mauritz und die für das Ressort Umwelt zuständige Bürgermeisterin Felicitas Kubala (Grüne) die Vorwürfe entschieden zurück. „Ein Zusammenhang zwischen dem PAK-belasteten Aschestaub und den PFC-belasteten Böden besteht nicht. Es handelt sich um völlig verschiedene Stoffgruppen“, stellte Kubala klar. Die Staatsanwaltschaft ermittle seit Längerem wegen der PFC-Belastung gegen Unbekannt (siehe „Zur Sache“). Hier werde nun das Thema „PAK“ mit aufgenommen, kündigte die Bürgermeisterin an. „An den Vorwürfen ist nichts dran“, versicherte auch Mauritz, „bei uns werden PFC-Stoffe bei 1800 Grad Celsius und mehr vollständig verbrannt.“ PAK-Stoffe dagegen entstünden bei jeder Verbrennung, zu einem sehr kleinen Teil auch in der Klärschlamm-Vergasungsanlage. Der entstandene Aschestaub, derzeit etwa 50 bis 60 Tonnen, werde in geschlossenen „Big-Packs“ gelagert, aus denen nichts austreten könne. „Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Klärwerk und den belasteten Böden“, betont der Eigenbetriebsleiter. Andere Unterstellungen des ehemaligen Mitarbeiters seien schon im Arbeitsgerichtsprozess widerlegt worden, so Mauritz – etwa zum Thema manipulierte Messungen und mangelnde Arbeitssicherheit in Innenräumen. Die Messungen seien erfolgt, weil es nach „Mottenkugeln“ gerochen habe. Ursache ist der PAK-Stoff Naphtalin. „Die Luftmessungen von externen Labors lagen weit unter den Grenzwerten“, so Mauritz. Dass der Probebetrieb der Klärschlamm-Vergasungsanlage seit fünf Jahren laufe, sei nicht ungewöhnlich. Schließlich handele es sich um ein Pilotprojekt in einer gewissen Größenordnung mit neuer, innovativer Technik. Der Eigenbetrieb werde die Anlage erst übernehmen, wenn der Probebetrieb abgeschlossen sei. Betrieben werde sie bis dahin von einem privaten Unternehmen, das das finanzielle Risiko trage. „Der Vorwurf, die Anlage gehe auf Kosten des Gebührenzahlers, trifft damit nicht zu“, so Kubala.

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