Rheinpfalz Deutsch-Crashkurs auf ehrenamtlicher Basis

„Ich heiße Ahmed. Ich komme aus Somalia. Ich wohne in Kusel.“ Seit Anfang Dezember lernt er mit anderen Migranten und Flüchtlingen in der Kontaktstelle Holler in Kusel Deutsch. Die erwachsenen Schüler wollen vor allem Dinge lernen, die ihnen helfen, sich besser in Deutschland zurecht zu finden. Das haben sie sich von ihren beiden ehrenamtlichen Lehrerinnen gewünscht. „Sie wollen unbedingt Deutsch lernen. Sie fragen ganz viel“, beschreibt Caroline Cassel ihre Eindrücke nach der ersten Deutschstunde. Die Lehramtsstudentin kommt donnerstags in die Kontaktstelle, um Interessierten in einem Deutsch-Crashkurs die Sprache beizubringen. Den zweiten Kurstermin am Dienstag übernimmt eine pensionierte Lehrerin, die sich nach ihrem Ausscheiden aus dem Berufsleben in der Flüchtlingsarbeit engagieren wollte. Sie hat für jeden Schüler ein visuelles Wörterbuch gekauft, in dem die Begriffe mit Bildern erklärt werden. „Es wäre natürlich schon gut, wenn die Leute spenden würden für Materialien“, sagt sie. Die Inhalte für die 90-minütigen Unterrichtsstunden stimmen die Frauen miteinander ab. Ihre Schüler kommen von den Krisenherden der Welt: Eritrea, Somalia, Syrien. Einige der überwiegend männlichen Kursteilnehmer haben sich schon selbst etwas Deutsch beigebracht, andere fangen bei null an. Der Kurs ist gerade angelaufen und läuft auf unbestimmte Zeit. „Wenn es gut läuft, werden wir es erst einmal beibehalten“, sagt Cassel. Wie ihre Schüler betritt die Lehramtsstudentin für Biologie und Chemie mit dem Deutschkurs Neuland. Die Verständigung läuft derzeit über ein „Deutsch-Englisch-Mischmasch“. Auch Gesten helfen beim gegenseitigen Verstehen. Dennoch versucht Cassel, wie ihre Kollegin, so viel wie möglich in deutscher Sprache zu regeln. An diesem Abend sitzen in der Kontaktstelle etwa ein Dutzend Erwachsene an dem großen Tisch, an dem nachmittags die Kinder des Stadtteils ihre Hausaufgaben machen. Jeder hat ein Namensschild bekommen und Arbeitsblätter. Reihum fragen sich die Schüler nach ihren Namen, dem Wohnort, dem Alter. Zwischendurch erklärt Cassel auf Englisch den Unterschied zwischen dem vertrauten „Du“ und dem formellen „Sie“. Als zwei Frauen aus Russland auftauchen und mitmachen wollen, werden Stühle geholt und die Arbeitsblätter kopiert. „Der Kurs soll für jeden offen sein“, sagt Bastian Drumm, Sozialarbeiter der Kontaktstelle Holler. Es gehe darum, schnell und direkt Hilfe zu leisten. Den Anstoß für den Deutschcrashkurs gaben Asylbewerber aus Eritrea. Drumm berichtet: „Die Männer kommen seit etwa einem Monat zu uns und haben sich selbst ein bisschen Deutsch beigebracht.“ Sie wollen unbedingt die Sprache lernen, Anspruch auf einen Kurs haben sie nicht. Nur Migranten mit Aufenthaltstitel dürfen einen Integrationskurs belegen. Asylbewerber mit befristetem Aufenthaltsstatus sind meist auf ehrenamtliche Angebote angewiesen. Die Mitarbeiter der Kontaktstelle beschlossen daraufhin, im kleinen Rahmen einen Deutsch-Crashkurs anzubieten. Nach einem Facebook-Aufruf meldete sich Cassel. Der Kurs – „eine coole Sache“, findet sie und fügt an: „Es wird immer von jedem lautstark Integration gefordert. Da muss man auch was machen, dass sich die Leute integrieren können.“ Gerhard Berndt, der Vorsitzende des Kontaktstelle-Vereins, äußert sich ähnlich: „Es geht darum, den Menschen, die interessiert sind, die deutsche Sprache und Kultur erlernen zu helfen. Das geht zurzeit anscheinend nur mit Ehrenamtlichen.“ Die Behörden hätten nicht die Kapazitäten, um das zu leisten. Dass Einrichtungen wie das Kuseler Mehrgenerationenhaus oder das Diakonische Werk Pfalz in Lauterecken, die ähnliche Angebote hatten oder haben, einspringen – „ein Glück“. In anderen Teilen des Kreises sieht es laut Berndt weniger gut aus. Bei Flüchtlingen, die in Bosenbach, St. Julian und Erdesbach leben, ist zum Beispiel noch nicht geklärt, wie sie regelmäßig zum Deutsch-Crashkurs kommen sollen. Die Schüler wollen ihre Zeit nutzen und sich besser im alltäglichen Leben zurechtfinden: Wie frage ich in der Stadt nach dem Weg, wie nutze ich öffentliche Verkehrsmittel und was hat es mit Zahlen und der fremden Währung auf sich? Dementsprechend wird der Unterricht gestaltet. Vor Weihnachten haben die beiden ehrenamtlichen Lehrerinnen mit ihren Schülern Plätzchen gebacken. Beim Kauf der Zutaten konnten die Schüler dann auch gleich all ihre Fragen rund ums Einkaufen loswerden. (cher)

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