Rheinpfalz Das Zauberwort heißt Echtzeit

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Den Großteil des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Kaiserslautern bestreiten die Stadtwerke. Die sind auf einem guten Weg. Seit Jahren steigen die Fahrgastzahlen, sinkt das Defizit. Und nun steht ein wichtiger Schritt in die Zukunft bevor: Im Frühjahr treten die Stadtwerke endgültig in das digitale Zeitalter ein.

Die digitale Technik ist vor allem ein Service für die Fahrgäste. Das Warten auf den Bus, der Verspätung hat, die Frage, wann er kommt, hat damit ein Ende. Die Verspätung wird der Bus auch mit der sogenannten Echtzeittechnologie nicht wettmachen, aber die Fahrgäste an wichtigen Haltestellen wissen künftig, wie lange sie noch warten müssen. Und Anschlussverbindungen können besser eingehalten werden. Echtzeittechnologie bedeutet zunächst, dass die Stadtwerke an wichtigen Haltestellen sogenannte dynamische Fahrgastinformationsanzeigen anbringen, wie Boris Flesch, Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe, erläutert. Die Displays, die einem großen Fernsehschirm ähneln, zeigen an, wann der Bus tatsächlich kommt beziehungsweise abfährt. Sie werden nicht an allen Haltestellen installiert, das wäre laut Flesch zu teuer, aber an den wichtigsten Haltepunkten in der Stadt – etwa der Stadtmitte, am Westbahnhof, am Pfaffplatz, am Hauptbahnhof, Lothringer Eck und am Klinikum, an der TU und am Hauptbahnhof. 17 Anzeigetafeln werden installiert, parallel dazu werden die Busse mit Bordcomputern ausgerüstet. Das System funktioniert so, dass das GPS im Bordcomputer alle 30 Sekunden den Standort jedes Busses an den Rechner bei den Verkehrsbetrieben übermittelt. Vom Rechner wiederum wird jedes elektronische Display an den Haltestellen angesteuert und die tatsächliche Abfahrtszeit dort angezeigt. Auf einem Bildschirm in der Zentrale der Verkehrsbetriebe werden zudem sämtliche Busse, die im Einsatz sind, erfasst – in drei verschiedenen Farben, je nachdem ob sie pünktlich oder zu schnell sind oder ob sie Verspätung haben. So kann der Verkehrsmeister in der Leitstelle darauf einwirken, dass ein Bus etwas langsamer fährt, wenn er zu schnell ist, er kann auch die Anschlussbusse informieren, dass sie auf einen Bus mit Verspätung warten müssen. Das passiert derzeit schon: über Funk, der allen Fahrern zur Verfügung steht. Künftig bekommen aber nur noch die Fahrer, die auf einen verspäteten Bus warten müssen, eine schriftliche Mitteilung auf das Display ihres Bordcomputers. Der Funkverkehr werde dadurch erheblich zurückgehen, sagt Flesch. Das Land fördert die Echtzeittechnologie im ÖPNV, die Stadtwerke dürfen bis zu 900.000 Euro Zuschüsse erwarten. Ist das System angelaufen, übermitteln die Verkehrsbetriebe ihre Zahlen an eine Datendrehscheibe des Landes, bekommen umgekehrt Daten von dort – etwa über den Zugverkehr. So kann auf den Bordcomputern der Busse angezeigt werden, dass die Lautertalbahn zwei Minuten Verspätung hat und der Anschlussbus am Westbahnhof etwas warten soll. Im Frühjahr wird das System eingeführt. Es sei eine Hilfe für Fahrgäste – auch an Haltestellen, die kein elektronisches Display bekommen, so Flesch. Denn: Die tatsächlichen Abfahrzeiten der Busse an jeder Haltestelle in der Stadt sind künftig von jedem Smartphone aus über eine App abrufbar. Seit Ende letzten Jahres ist das System in der Testphase, ein Bus macht ausschließlich Testfahrten. Ende Januar sollen alle 64 Busse mit Bordcomputern ausgerüstet sein, dann wird die digitale Revolution bei den Verkehrsbetrieben in die Tat umgesetzt. Womöglich macht das System Busfahren noch attraktiver. Aber die Busse der Stadtwerke haben ohnehin schon viele Fahrgäste gewonnen. 14,7 Millionen waren es 2014. Bei Gesamteinnahmen von rund 14 Millionen lag das Defizit bei 1,5 Millionen Euro, 2015 liege es deutlich geringer, sagt Flesch. Die Verluste seien kontinuierlich zurückgegangen. In den 90er Jahren habe das Defizit noch bei zwölf Millionen Euro jährlich gelegen. Dass die Verluste so stark gesunken sind, hat laut Flesch verschiedene Gründe: kontinuierliche Fahrpreisanpassungen und eine deutliche Steigerung der Fahrgastzahlen. Anders formuliert: Mehr Leute fahren Bus und zahlen dafür höhere Preise. Zugleich seien Kostensteigerungen durch entsprechende Tarifverträge für Busfahrer vermieden und die Fahrkombinationen optimiert worden. Eine Rolle spiele auch die Ausgliederung des Werkstattbetriebes. In der Werkstatt würden Busse der Stadtwerke, aber auch anderer Unternehmen gewartet. Was die Auslastung der Busse angeht, meint Flesch, sie könne besser sein, vor allem in den Abendstunden oder sonntagmorgens sei sie oft schwach. Aus wirtschaftlichen Gründen müsste man in diesen Zeiten den Busverkehr noch stärker ausdünnen, aber es sei auch wichtig, ein Mindestangebot aufrechtzuerhalten. Bei diesem Thema komme die Forderung nach kleineren Bussen in Zeiten schwacher Kundenfrequenz immer mal wieder hoch, erklärt Flesch, der sich dagegen ausspricht. Denn hin und wieder gebe es eine größere Veranstaltung in der Stadt, dann stünden plötzlich viele Leute an der Haltestelle und passten nicht alle in den Bus. Auch würde sich die Fahrleistung der großen Busse reduzieren; Berechnungen hätten ergeben, dass dies nicht rentabel sei. (dür)

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