Rheinpfalz Das letzte Mittel der Gefahrenabwehr

Konken. Sechs Tage lang hielt eine Kuh, die vom Schlachthof Konken geflohen war, Polizei und Feuerwehr auf Trab. Am Sonntag wurde das Tier erschossen, nachdem es eine junge Frau leicht verletzt hatte (wir berichteten). Zuvor waren Versuche gescheitert, die Kuh einzufangen. Ein ungewöhnlicher Vorfall...

Dass die flüchtige Kuh eine Frau verletzte, ist ungewöhnlich, sagt der Blaubacher Tierarzt Alexander Schneiders im Gespräch mit der RHEINPFALZ: „Auf der Flucht setzt sich in der Regel der Instinkt der Tiere durch und sie hauen ab.“ Dennoch ist es passiert und wenig später wurde das Tier erschossen. Aber musste das wirklich sein? Hätte man die Kuh nicht betäuben und einfangen können? Laut Tierarzt Schneiders gebe es zwei Möglichkeiten, so große Tiere mittels Betäubungspfeil ruhig zu stellen: entweder mit einem Blasrohr oder einem Betäubungsgewehr. Pfeile im Blasrohr enthalten laut dem Fachmann fünf Milliliter Betäubungsmittel und müssen aus maximal 15 Metern Entfernung abgeschossen werden. Zwar sei die mögliche Distanz eines Schusses mit dem Betäubungsgewehr größer, doch die Pfeile fassen einerseits weniger Betäubungsmittel und die Flugbahn sei eine andere wie die einer Gewehrkugel. Damit im Wald ein sich bewegendes Tier zu treffen, sei immens schwierig. Schneiders: „Hinzu kommt, dass die Betäubung oft nicht richtig wirkt.“ Durch die Flucht und den daraus resultierenden Stress werde im Körper des Tieres so viel Adrenalin freigesetzt, dass ein Beruhigungsmittel nicht immer wirke und das Tier erneut wegrenne. „Wenn dann noch die Sicherheit von Personen gefährdet ist, muss man eine Entscheidung treffen, ob man es immer wieder mit dem Einfangen versucht oder ob das Tier erschossen wird.“ Diese Entscheidung wurde dann am Sonntag getroffen, nachdem das Tier auf seiner Flucht eine junge Frau, die an einem Hügel Schlitten fahren wollte, leicht verletzt hatte. Bereits am Freitagabend war das Tier in der Nähe der Konkener Autobahnauffahrt gesichtet worden, was wiederum die Polizei auf den Plan rief, die verhinderte, dass das Tier in ein Fahrzeug auf der Autobahn rannte. „Das war eine brenzlige Situation, in der viel hätte passieren können“, beschreibt Axel Emser, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Kusel, das Gefahrenpotenzial. Auch das habe letztlich zum Erschießen der Kuh durch „einen Jagdausübungsberechtigten“ (Zitat aus der Polizeimeldung) geführt. Offen bleibt allerdings die Frage, wer letztlich die Entscheidung getroffen hat, die Kuh zu erschießen. Die Polizei verweist darauf, dass eine solche Maßnahme im Rahmen der Gefahrenabwehr das letzte Mittel ist. Und Kreisjagdmeister Bernd Klinck sagt, dass der Jäger wohl als „Erfüllungsgehilfe der Polizei“ gehandelt habe – unter anderem deshalb, weil die Polizei nicht über die geeignete Munition verfüge, um ein so großes Tier zu erlegen. Klinck ergänzt: „Kein Jäger ist erpicht darauf, einfach so auf eine Kuh zu schießen – sofern nicht Gefahr für Leib und Leben besteht.“ (hlr)

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