Kultur Südpfalz Aus kurdischer Sicht

Die Kurden in der Türkei – das ist ein heikles, von Gewalt und Unrecht geprägtes Thema. Im Studio des Badischen Staatstheaters erlebte jetzt der zornige Monolog „Aufstand“ von Mely Kiyak seine Uraufführung – ein Gastspiel des Berliner Gorki-Theaters, mit dem die Karlsruher dieses Auftragswerk gemeinsam produziert haben.

Die in Deutschland geborene Publizistin Kiyak, die dem Gorki-Theater als Kolumnistin verbunden ist, hat im vergangenen Jahr die Türkei bereist und dort auch den heftigen Protest um den Gezi-Park in Istanbul erlebt, der sich zu landesweiten Unruhen ausweitete. Im gewaltsamen Widerstand gegen den Regierungschef Erdogan und die brutalen polizeilichen Maßnahmen drohte der seit Jahren schwelende Konflikt zwischen den Kurden und den Türken unterzugehen. Diese Geschehnisse sind nun in den Text von „Aufstand“ eingeflossen, dessen Titel im Übrigen das Spielzeit-Motto „Aufstand proben“ des Gorki-Theaters aufnimmt. Da tritt ein kurdischer Videokünstler mit dem vielsagenden Pseudonym „Bênav“ („ohne Namen“) auf, der in der Türkei lebt und (als Lehrer im Staatsdienst) arbeitet – ein Leben im ständigen Widerspruch von offizieller Pflicht und privater Meinung. Er berichtet von den vielen Jahren steter Bedrohung und Ausgrenzung der Kurden, von ihren Versuchen der Selbstbehauptung und schließlich auch den Hoffnungen, die er in die rebellischen Vorgänge im Umfeld des Gezi-Parks setzte und die doch enttäuscht wurden: „Stell dir vor, es ist Revolution und die falschen Leute zetteln sie an.„ Ganz besonders erbittert zeigt sich Bênav darüber, dass diese spektakuläre Revolution in der medialen Wahrnehmung außerhalb die speziell kurdischen Aspekte ganz ausblendet, wie er als DAAD-Stipendiat in Deutschland feststellt. Bênavs Monolog zeigt am persönlichen Beispiel den Kampf der Kurden um nationale und kulturelle Identität. Regisseur András Dömötör inszeniert diesen Bericht in der Mischung aus Dokumentation, Anekdoten, Kommentar und Agitation mit einer deutlichen, manchmal etwas zu aufdringlichen Neigung zu unterhaltsamer Treuherzigkeit, die durch den charmanten Plauderton des Protagonisten Mehmet Yilmaz (vom Gorki-Ensemble), aber auch durch mancherlei szenisches und optisches Beiwerk noch verstärkt wird und dem Text gelegentlich seine kritische Schärfe nimmt – auch dort, wo die Autorin sich in steilen Thesen etwa von der türkischen Verfolgung der Armenier versteigt, die das Modell für den Holocaust der Nazis und auch die Vertreibung der Kurden gebildet habe. All diese Zutaten konnten den Text von „Aufstand“, der mit ideologischen Klischees und aufgesetzten Zuspitzungen allzu vordergründig hantiert, nicht retten. Das durchaus ernstzunehmende Anliegen Bênavs scheitert – am Stück ebenso wie an der Inszenierung. (rkr)

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