Rheinpfalz Ökostrom soll Bienen & Co zugute kommen

Auf blühenden Blumen tummeln sich Bienen. Bei den Nürtinger Stadtwerken können die Kunden einen Cent zum Strom zahlen, damit sol
Auf blühenden Blumen tummeln sich Bienen. Bei den Nürtinger Stadtwerken können die Kunden einen Cent zum Strom zahlen, damit solche Wiesen angelegt werden.

In den vergangenen 30 Jahren ist die Masse der Fluginsekten um etwa drei Viertel zurückgegangen. Inzwischen wird einiges zur Unterstützung der Insekten getan. Landwirte legen Blühflächen und Bienenweiden an. Sogenannter Bienenstrom soll dies forcieren: Mit einem geringen Beitrag zum Ökostrom-Kauf unterstützen die Kunden Landwirte, die Blühflächen als Lebensraum für Bienen anlegen. Von regionalen Stromerzeugern gibt es das Angebot allerdings bislang nicht.

Solchen Bienenstrom bieten seit vergangenem Jahr die Stadtwerke Nürtingen bundesweit an. Ende Januar war Bienenstrom großes Thema bei der Tagung der Berufsimker im niedersächsischen Celle. „Das Bienenstrom-Thema war dort in allen Gesprächsrunden ganz oben. Die Imker wollen mitmachen und Oma, Opa, Tante zum Wechsel ihres Stromanbieters bewegen“, berichtet Jan-Dirk Bunsen, Bio-Imker vom Horterhof in Heiligenmoschel. „Energieversorger aus ganz Deutschland und die Biogas-Landwirte sind auf das Thema aufmerksam geworden.“ Der Berufsimker ist im Vorstand des Deutschen Imkerbundes sowie Landesgeschäftsführer Rheinland-Pfalz und war in Celle bei der Tagung seines Verbandes vor Ort. „Es wäre ein absolutes Novum, wenn man ohne Gesetze oder staatliche Subventionen die Landschaft bienen- und bestäuberfreundlicher machen könnte. Das Rebhuhn hätte auch seine Freude“, hält Bunsen viel vom Bienenstrom. Am 23. Januar wurde Bienenstrom als Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet. Wie aber hilft der Bienenstrom genau den Insekten? Wer bei den Stadtwerken Nürtingen Bienenstrom kauft – derzeit sind es rund 200 Kunden –, erhält 100 Prozent Ökostrom, der in alpinen Wasserkraftwerken erzeugt wird. Die Kunden zahlen pro Kilowattstunde einen Aufschlag von einem Cent. Der kommt einem Dutzend Landwirten zugute, die nun auf der Schwäbischen Alb auf insgesamt 19 Hektar Wildpflanzen anbauen statt wie bisher Mais – und auf Pestizide verzichten. Die Wildpflanzenernte, die in der Biogasanlage verarbeitet wird, ist vom Energieertrag geringer als der Mais, deshalb der sogenannte „Blühcent“. Blühende Felder statt Maismonokulturen: Das ist gut für die Fluginsekten, aber auch für Hase, Rebhuhn und Hamster, die so durchaus wieder Lebensraum finden. Und es erfreut die Menschen durch den Anblick blühender Blumenwiesen. Im Zusammenhang mit dem Bienenstrom sind solche blühenden Landschaften bislang allerdings nur auf der Schwäbischen Alb ein Augenschmaus. Wenn der Frühling den Winter verdrängt hat, dann werden sich aber auch in Rheinland-Pfalz mehr blühende Blumen auf den Feldern entdecken lassen. „Keine Branche ist mehr auf Bienen und andere Bestäuber angewiesen als wir Bauern“, sagte Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd (BWV), Mitte Januar am runden Tisch „Insektenschutz“. „Schon jetzt legen die Landwirte zahlreiche Blühflächen und Bienenweiden an, damit die Insekten Nahrung finden. Das soll noch mehr werden“, wies er auf eine Vielzahl von Maßnahmen hin. Über das Greening im Rahmen der Europäischen Agrarpolitik seien bereits im Jahr 2017 auf rund 260.000 Hektar Puffer-, Wald- und Feldrandstreifen, brachliegende Flächen und Landschaftselemente angelegt worden; das entspreche über 350.000 Fußballfeldern. Zusätzlich werden auf etwa 930.000 Hektar Zwischenfrüchte und Untersaaten angebaut, was über 1,25 Millionen Fußballfeldern entspricht, und auf 175.000 Hektar Leguminosen. Lothar Ohliger, Bezirksgeschäftsführer im Bauernverband, weist auf Projekte in der Vorderpfalz, wie etwa „Herxheim blüht auf“, hin. In der Südwestpfalz, im Donnersbergkreis und im Kreis Kaiserslautern stünden die Bauern für weitere Projekte bereit. „Anlässlich einer Unterredung mit Landrat Ralf Leßmeister haben wir die absolute Bereitschaft hierzu kundgetan“, so Ohliger, der gleichwohl darauf verweist, dass die Aktionen gegen das Insektensterben nicht bei der Landwirtschaft stehen bleiben dürfen. Flächenfraß, Straßenverkehr, Klimawandel, Lichtverschmutzung, Monotonisierung privater und kommunaler Grünflächen seien nachweislich stark am Insektenverlust beteiligt. Sich mit Bienenstrom zu versorgen, geht derzeit nur über die Stadtwerke Nürtingen. Von regionalen Stromerzeugern gibt es noch keine Hinweise darauf, das Konzept kopieren zu wollen. Die Pfalzwerke, die unter dem Label „Pfalzwerke Purstrom“ ebenfalls 100 Prozent Ökostrom anbieten, schauen sich das Projekt „Bienenstrom“ zumindest an, wie eine Sprecherin auf Anfrage bestätigte. Imker Jan-Dirk Bunsen, der auf seinem Betrieb schon lange Ökostrom bezieht, will jedenfalls zu Bienenstrom wechseln.

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