Sport Noch viel zu tun für Bundestrainer Löw

Muss noch bis zur endgültigen Kadernominierung am Montag bangen: Nils Petersen (links). Gestern agierte er zwar eifrig, leistete
Muss noch bis zur endgültigen Kadernominierung am Montag bangen: Nils Petersen (links). Gestern agierte er zwar eifrig, leistete sich aber zu viele Fehler und blieb im Abschluss schwach. Rechts: der Österreicher Aleksandar Dragovic.

Überraschung in Klagenfurt: Die deutsche Nationalelf verliert kurz vor dem Abflug zur WM das Testspiel gegen Österreich mit 1:2. Viele Spieler wirken müde von den Trainingseinheiten in Südtirol – aber Torhüter Manuel Neuer gibt ein überzeugendes Comeback. Von Marcus Bark

Dieser eine Test musste sein. Sonst wäre Bundestrainer Joachim Löw in Erklärungsnot geraten, wenn er Manuel Neuer morgen in den endgültigen Kader für die Weltmeisterschaft in Russland berufen hätte. Es war bis zum Anpfiff wegen eines Unwetters eine Hängepartie. Löw wollte unbedingt spielen und redete auf den Schiedsrichter ein. Dann pfiff Pavel Kravolec an, Manuel Neuer kam zu seiner Spielpraxis und erledigte seine Arbeit in seinem ersten Spiel seit September 2017 so, dass es nun eine sehr große Überraschung wäre, würde er noch von der Liste gestrichen. Den meisten Feldspielern war anzusehen, dass die Trainingseinheiten in Südtirol viel Kraft gekostet haben. Sogar Joshua Kimmich, der hohe Belastungen gut wegsteckt, wirkte sehr müde und leistete sich viele Fehler. Deutschland verlor gestern Abend den vorletzten Test vor dem Abflug nach Russland trotz einer 1:0-Pausenführung mit 1:2: in Österreich. Es war die erste Niederlage seit 32 Jahren gegen das von Franco Foda trainierte Nachbarland, das sich nicht für die WM qualifiziert hatte.

Spiel stand vor der Absage

Der Ablaufplan des Österreichischen Fußball-Bunds sah vor, das Lied „Can’t stop“ von den Red Hot Chili Peppers einzuspielen, wenn die Mannschaften zum Warmmachen auf den Rasen des Wörtherseestadions in Klagenfurt kommen. Daran hielt der ÖFB auch fest, und so hörten die Zuschauer das Lied drei Mal. Ein heftiges Gewitter mit starkem Regen und Hagel, das eine halbe Stunde vor dem geplanten Anstoß begann und lange anhielt, sorgte für die Hängepartie. Das Spiel stand vor der Absage, aber beide Trainer wollten unbedingt spielen. Der Deutsche Fußball-Bund machte bei den Beratungen auch deutlich, dass er keinesfalls einer Verlegung zustimmen werde.

Patzer in der Abwehr

Um 19.43 Uhr, also mit 103 Minuten Verspätung, begann dann der Test, der vor allem für Neuer so wichtig war. Bei seiner besten Szene vor der Pause zuckte seine rechte Hand heraus, um einen Schuss des Hoffenheimers Florian Grillitsch um den Pfosten zu lenken (32.). Manch ein Zuspiel des Kapitäns, der zuvor im Oktober 2016 ein Länderspiel bestritten hatte, landete beim Gegner. Das lag aber auch an den Österreichern, die zeitweise sehr aggressiv und weit vorne angriffen. Das Tor der deutschen Mannschaft war einem schweren Abspielfehler von Torwart Jörg Siebenhandl zu verdanken. Mesut Özil nahm den Ball auf und schlenzte ihn zu seinem 23. Länderspieltreffer ins Netz (11.). War die Leistung in der ersten Halbzeit noch in Ordnung, geriet bei der deutschen Elf nach dem Seitenwechsel fast alles aus den Fugen. In der Offensive gelang kaum etwas, in der Defensive passten die Abstände nicht, die Abstimmung nicht, das Zweikampfverhalten war sehr schwach. Martin Hinteregger vom FC Augsburg erzielte mit einem tollen Volleyschuss nach einem Eckstoß den Ausgleich (53.). Der Schalker Alessandro Schöpf sorgte mit dem 2:1 für den Siegtreffer (69.). Von den Kandidaten, die um ihren Platz im endgültigen Kader bangen müssen, überzeugte niemand. Nils Petersen und Julian Brandt waren eifrig, leisteten sich aber viele Fehler und waren zu zögerlich im Abschluss. Sebastian Rudy, zur zweiten Halbzeit eingewechselt, kam in eine leicht chaotische Mannschaft. „Wir haben noch viel zu tun“, hatte Joachim Löw am Freitag gesagt. Er wurde bestätigt. Allein Manuel Neuer dürfte ihm Freude gemacht haben.

x