Sport Ein bisschen Zunder

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Mainz. Martin Schmidt versprach sich. Mit einem „Guten Abend“ begrüßte der Trainer des Fußball-Bundesligisten FSV Mainz 05 die Medienschar zur Plauderstunde vor dem Punktspiel beim FC Ingolstadt – es war Mittag. Der Schweizer hatte die Lacher gleich auf seiner Seite.

In all den Jahren seit dem Mainzer Wiederaufstieg 2009 ohne einen einzigen Spieltag auf einem Abstiegsplatz hätte man Schmidts „Zeitenwende“ sofort wieder vergessen. Doch nun drängt sich eine Frage geradezu auf: Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät? Als einziger Bundesliga-Vertreter von Platz zehn abwärts hat der FSV Mainz den Trainer in dieser Spielzeit noch nicht gewechselt, und soll dies so bleiben, muss die Mannschaft in der nun anstehenden „englischen Woche“ mit den Spielen in Ingolstadt (morgen, 15.30 Uhr), gegen RB Leipzig und beim SC Freiburg den Trend ins Positive verkehren. Nach drei sieglosen Partien mit nur einem Punkt ist der Vorsprung auf Relegationsrang 16 bis auf zwei Zähler geschmolzen. Die Mainzer Bilanz weist 29 Punkte aus, die Teams aus Augsburg, Wolfsburg und Bremen kämpfen gleichauf. Zumindest die beiden letztgenannten Formationen befinden sich deutlich im Aufschwung. „Die halbe Liga sieht die kommende Woche als entscheidend an. Wir dürfen das intern nicht dramatisieren, sondern müssen die Ruhe bewahren“, sagt Schmidt: „Es ist spannend zu erleben, wie wir als Team gerade wachsen. Ich spüre eine schöne Entwicklung. Es ist eine neue Herausforderung für alle. Und die Zeichen, die wir als Team aussenden, sind sehr gut.“ Die Vertragsverlängerung des Abwehrchefs Stefan Bell bis 30. Juni 2020 befeuere dies. „Aus so etwas entsteht Stärke.“ Auch Manager Rouven Schröder versucht, dem Druck etwas Positives abzuringen: „Wir haben die Überzeugung und den Glauben, das ist keine Plattitüde. Es ist eine tolle Woche, um uns zu beweisen. Das alles birgt absolut die Chance, dass wir noch enger zusammenrücken.“ Auch mit den Fans. „Die Mainzer haben ein sehr gutes Gespür, was gerade passiert.“ Der FSV jongliert sein sportliches Schicksal noch auf den eigenen Füßen, für Gastgeber FC Ingolstadt gestaltet sich die Lage dramatischer. Als Vorletzter mit acht Punkten Rückstand auf den vom Hamburger SV besetzten Relegationsplatz wird jedes Spiel ein Finale. Wie ein Absteiger treten die „Schanzer“ seit dem Trainerwechsel zu Maik Walpurgis selten auf, auch beim 0:1 in Dortmund spielten sie mutig und hätten ein Remis verdient gehabt. So erwartet Schmidt ein „intensives Kampfspiel“ und einen Gegner mit „hohem Pressing und leidenschaftlichem Willen“. In Mainz gilt seit ehedem der Glaubenssatz, das Klassement bis kurz vor Rundenschluss keines Blickes zu würdigen. Schon Thomas Tuchel predigte dies. Nun gestaltet sich die Umsetzung schwierig. „Du bekommst die Tabelle ja überall um die Ohren gehauen“, sagt Martin Schmidt. Er lächelt dabei. Doch was er sieht, kann ihn nicht erfreuen. Er weiß: „Da ist schon ein bisschen Zunder drin.“ Am Sonntagabend vielleicht noch ein bisschen mehr. Auch für sich selbst wird Schmidt hoffen, dass es dann nicht sogar heißt: „Gute Nacht.“

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