Sport Die Kälte überrascht alle

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Eine Helferin (»Volunteer«) im Olympischen Dorf mit dem verbreiteten Mundschutz.

In Pyeongchang ist es zu kalt für Niederschläge - Jeder dritte Südkoreaner trägt einen Mundschutz, um bei der Kälte leichter atmen zu können

Es sollte ja nichts Ungewöhnliches sein, wenn es Winter ist während Olympischer Winterspiele, mit klirrender Kälte und viel Schnee. Vielleicht sind wir alle nur einfach verwöhnt. Von 2006, wo man zumindest unten in Turin im leichten Mantel und Halbschuhen durch die Stadt flanieren konnte, und von 2010, da war nur oben in Whistler Mountain Winter, allerdings bei sehr moderaten Temperaturen. In Vancouver herrschte schon bestes Frühlingswetter. Und jetzt in Pyeongchang gibt es rein klimatisch kein unten und oben. Unten in Gangneung am Meer, wo die Eishallen stehen, ist es fast genauso kalt wie ein paar hundert Höhenmeter weiter oben in Alpensia oder Jeongseon. Schnee gibt es auch, aber der ist künstlich. Es ist zu kalt für Niederschläge. Das Wetter überrascht jeden Neuankömmling, trotz tagelangem Studium der Wetter-App vor der Abreise und zahlreicher Berichte aus dem Kälteloch am Japanischen Meer. Die Bevölkerung hat sich arrangiert mit den niedrigen Temperaturen, es ist ja jedes Jahr dasselbe. Den Portiers vor den Hotels werden Heizstrahler hingestellt, auf den Straßen sieht man so viele Daunenmäntel wie in Russland oder arktischen Gegenden. Und natürlich trägt jeder dritte Südkoreaner einen Mundschutz – nicht nur wegen umherschwirrender Bakterien, sondern er erleichtert wohl auch das Atmen und hält Nase sowie Mund halbwegs warm. Den Mundschutz kann man an jeder Ecke kaufen, oder wenigstens an jenen Ecken, die nicht in den olympischen Einflussbereich fallen. Für die Besucher der Eröffnungsfeier im Olympiastadion gibt es Heizstrahler, Wolldecken und angeblich auch Wärmepads für Hände und Füße. Erstaunlich ist nur, dass die kälteerprobten Südkoreaner die Temperaturen in geschlossenen Räumen und Verkehrsmitteln nicht im Griff haben. Entweder hat es gefühlte 30 Grad oder frische 15 Grad, aber dafür gibt es dann eine Lüftung, die einen gehörigen Zug verursacht. Beim einen ist der Schweißausbruch in dem bei den Außentemperaturen gebotenen Wollpullover unausweichlich, beim anderen ist es besser, die Daune anzubehalten, ebenso Mütze und Schal. Das führt dazu, dass in Restaurants vermummte Menschen beim Essen sitzen, um vom nicht weniger vermummten Personal bedient zu werden. Verlässlich ist die südkoreanische Heizungssteuerung allerdings nicht. Im Hauptpressezentrum in Alpensia war es Anfang der Woche so warm, dass ein Aufenthalt nur im T-Shirt zu ertragen war. Am Dienstag dann folgte der Temperatursturz. Plötzlich war es so frisch wie bei den Sommerspielen in Rio in allen geschlossenen Räumen. Kein Wunder, dass das große Husten und Schniefen schon vor dem ersten Wettkampf begann. Der Norovirus, der seit ein paar Tagen in Pyeongchang unter Volunteers, Wachleuten, Polizisten und Journalisten grassiert, hat damit nichts zu tun. Für den ist womöglich verunreinigtes Wasser verantwortlich. Er hat das Schweizer Team schon zu einer ungewöhnlichen Maßnahme veranlasst. Sie schütteln einem Gegenüber aus Sorge nicht mehr die Hand, sondern üben sich in einer neuen Grußformel: dem Faust-an-Faust-Schlagen.

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