Rheinland-Pfalz Spinne im asylfeindlichen Netz

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WEIDENTHAL. Auf den ersten Blick geht es um persönliche Betroffenheit: Hinter Facebook-Profilen mit Namen wie „Nein zum Asylheim“ scheinen sich Menschen zu sammeln, die gegen Flüchtlingsunterkünfte vor ihrer eigenen Haustür sind. Doch der vermeintlich lokale Protest hat Hintermänner, die überregional hetzen. Oft führt die Spur zur rechtsextremen Kleinpartei III. Weg – und damit in die Pfalz.

Gut 3600 Nutzer haben auf den hochgestreckten Daumen gedrückt: „Asylflut stoppen – auch in Niederbayern“ ist ein Facebook-Profil, das in etwa anderthalb Jahren viele Sympathisanten gefunden hat. Erste Aktivitäten sind für den 8. Februar 2014 festgehalten: Da haben die Betreiber zum Beispiel ein fremdenfeindliches Flugblatt hochgeladen. Es zeigt Menschen mit dunklem Teint, die ungepflegt aussehen. Das gleiche Motiv taucht Monate später in der Vorderpfalz wieder auf: auf Flugblättern, mit denen eine „Bürgerbewegung Limburgerhof“ gegen ein geplantes Asylheim in der Rhein-Pfalz-Kreis-Gemeinde hetzt. Überhaupt, das Foto hat bei Facebook Karriere gemacht. Es dient derzeit mehreren Anti-Asyl-Profilen als Titelbild – in verschiedenen Regionen Bayerns, aber auch im Vogtland. Dabei werden Aufnahmen ungeniert manipuliert: Ein besonders grimmig dreinblickender Südländer stiert aus zwei ganz verschiedenen Häusern. In die Szenerie eines Innenhofs mit mit aufgetürmten Müllsäcken und übereinandergestapelten Sesseln ist er eher dilettantisch hineinkopiert worden. Dafür zeigt dieses Bild bisweilen ganz offen, wer hinter den vermeintlich lokalen Anti-Asyl-Initiativen steht: Es wird gerne mit einem markanten Schriftzug kombiniert. Er verweist auf die Internet-Seite der rechtsextremen Kleinpartei III. Weg. Die hat ihren offiziellen Sitz im pfälzischen Weidenthal (Kreis Bad Dürkheim), denn dort wohnt ihr Bundesvorsitzender Klaus Armstroff. So kommt es, dass fremdenfeindliche Gruppen in verschiedenen Ecken Deutschlands bestens mit einschlägigen Nachrichten aus der Pfalz versorgt werden. „Asylflut stoppen – auch in Niederbayern“ zum Beispiel verbreitete 2014, kaum an den Start gegangen, einen Artikel über „Neubauwohnungen für Zigeuner“ in Neustadt/Weinstraße. Und Gegnern eines Flüchtlingsheims im baden-württembergischen Waldorfhäslach (Kreis Reutlingen) wurde im April 2015 ein Text empfohlen, der detailliert eine Einwohnerversammlung in Waldsee (Rhein-Pfalz-Kreis) beschreibt. Wer auf die tendenziösen Beiträge klickt, landet auf der Internet-Seite des III. Wegs. Dort erschien am 21. Juli ein triumphierender Bericht über eine Bürgerversammlung in Ludwigshafen-Edigheim. Noch am gleichen Tag wurde er auf dem „Nein zum Asylheim“-Profil im mittelfränkischen Bad Windsheim beworben. Auch für die optische Gestaltung ihres Auftritts haben die Macher dort offensichtlich auf den Foto- und Banner-Vorrat der Partei zurückgegriffen – wieder einmal stiert der besonders grimmig dreinblickender Südländer aus einem Fenster. Auf den Partei-Schriftzug allerdings haben sie hier verzichtet. Das erinnert an die U-Boot-Taktik, mit der die Extremisten im Rhein-Pfalz-Kreis angetreten waren. Dort tarnten sie sich als „Bürgerbewegung Limburgerhof“. Nur wer das Kleingedruckte auf ihren Flugblättern las, entdeckte eine Weidenthaler Adresse und den Namen des III.-Weg-Chefs Armstroff. Am Ende loderten Flammen aus dem Gebäude, das gerade zum Flüchtlingsheim umgebaut wurde. Wer das Feuer gelegt hat, ist bislang unklar. Szenekenner vermuten: Der III. Weg wird den Anschlag kaum selbst organisiert haben. Doch die Hetze der Partei könnte Täter angestachelt haben. Über ähnliche Mechanismen wird auch nach Anschlägen in Bayern diskutiert. Verfassungsschätzer schätzen: Etwa 80 von bundesweit vielleicht 200 Parteimitgliedern leben im Freistaat. Denn die Truppe mit dem Pfälzer Vorsitzenden hat viele Neonazis aus dem verbotenen „Freien Netz Süd“ aufgenommen. Trotzdem tun sich die Münchener Überwacher schwer, die Hetze des III. Wegs und brennende Unterkünfte in einen unmittelbaren Zusammenhang zu bringen. Denn in Bayern spielen derzeit mehrere radikale Gruppen das gleiche Spiel. Doch auch in der Metropolregion Rhein-Neckar nutzt längst nicht nur der III. Weg die Masche der vermeintlich lokalen Facebook-Profile. Ein Beispiel aus dem badisch-hessischen Grenzgebiet: „Asylflut stoppen – auch in Sinsheim“, „Schwetzingen hat genug vom Asylbetrug“ und „Viernheim sagt nein zum Asylantenheim“. Alle drei Auftritte haben am 2. August den gleichen Beitrag des Fernsehsenders N-TV beworben – und zwar binnen einer Minute. Es spricht also viel dafür, dass eine einzelne Person alle drei Facebook-Konten kontrolliert. Vielleicht ist es ja der Mann, dem alle drei Profile mit hochgestrecktem Daumen Sympathie bekunden: der Kreisvorsitzende der Rhein-Neckar-NPD.

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