Rheinland-Pfalz Seufzer ohne Echo

Ob häufig oder rar, jeder Familienname besitzt einen individuellen Klang. Kennern erzählen Namen ganze Geschichten: Wo ihre Träger herstammen, welchen Beruf und welche Vorlieben ihre Vorfahren hatten oder wie sie aussahen. RHEINPFALZ-Leser können sich von den Namenforschern der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz Fragen zum Familiennamen beantworten lassen.

„Hach nöh, Kinner!“ – das sind Ausrufe, die uns so oder ähnlich im Alltag durchaus häufiger begegnen. Gleich ob jemand seufzt, sein Unverständnis, eine Verneinung, Verzückung oder Ungeduld ausdrückt, oft bedienen wir uns solcher kurzer Interjektionen. Dass sich dahinter auch drei Familiennamen verbergen, überrascht erst einmal. Man könnte nun vermuten, die ersten Namenträger hätten diese Ausrufe sehr gerne verwendet, weshalb sie von ihren Mitmenschen nach ihnen benannt worden sind. Inwiefern dies tatsächlich zutrifft und was die Familiennamen Hach, Nöh sowie Kinner mit den gleichlautenden Ausrufen zu tun haben, klären die Mainzer Namenforscher Simone Peschke und Fabian Fahlbusch von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in der heutigen Folge unserer Serie.

aus interessiert sich für die Herkunft ihres Mädchennamens Hach.

Tja, bei Hach, lautmalerisch einem Seufzen sehr ähnlich, könnte man meinen, der erste Namenträger habe so häufig geseufzt, dass er von den Menschen in seiner Umgebung wie ein Echo danach benannt wurde. Allerdings ist diese naheliegende Deutung hier falsch. Es handelt sich vielmehr um einen Übernamen, also einen Familiennamen nach einem auffälligen charakterlichen, körperlichen oder biografischen Merkmal. Zurückgehend auf das mittelhochdeutsche Wort „hache“ in der Bedeutung „Bursche“, „Kerl“, wurde ein besonders burschikoser Zeitgenosse so genannt. Nicht auszuschließen ist zudem eine Deutung als Wohnstättenname zum mittelhochdeutschen Wort „hac“, das „Hecke“, „Einfriedung“ bedeutete. Der erste Namenträger wohnte demnach in der Nähe einer etwas einfriedenden beziehungsweise umzäunenden Hecke. Mit bundesweit 625 Telefonbucheinträgen (etwa 1750 Namenträger) begegnet uns der Name vor allem in der Region Kaiserslautern, nördlich von Worms sowie im vorderen Odenwald.

aus schreibt uns: „Gerade heute hat mich einmal wieder ein Kunde gefragt: Woher kommt denn Ihr Name? Ja, dachte ich, weiß ich eigentlich auch nicht. Und dann beim Zeitunglesen fällt mir die Namensserie in der RHEINPFALZ ins Auge. Vielleicht können Sie mir ja die Frage beantworten?“

Na klar!, um die Frage gleich mit einem neuen Ausruf zu beantworten. Allerdings hat auch dieser Name nichts mit dem gleichlautenden umgangssprachlichen Wort für „nein“ zu tun. Stattdessen geht er auf einen hebräischen Rufnamen, nämlich Noah, zurück, der so viel wie „Beruhige Dich (, Gott)“ bedeutet. Damit liegt ein sogenanntes Patronym vor, der Rufname des Vaters wurde also als Familienname auf seine Nachkommen übertragen. Hochgerechnet rund 640 Nöhs (229 Telefonbucheinträge) leben heute in der Bundesrepublik Deutschland, die meisten davon in und um Siegen.

aus Wörth möchte gerne wissen, woher sein Familienname kommt und was er bedeuten könnte.

Schade! Wiederum ist kein Ausruf in einem Familiennamen verewigt, denn mit Kindern hat er überhaupt nichts zu tun. Allerdings handelt es sich hier um eines der seltenen Metronyme. Nicht der Vater hat nämlich seinen Rufnamen an die Nachfahren als Familienname weitergegeben, sondern die Mutter oder eine andere weibliche Bezugsperson. Der Rufname Kunigunde, zusammengesetzt aus den althochdeutschen Wörtern „kunni“ und „gund“ in der Bedeutung „Geschlecht“, „Sippe“ beziehungsweise „Kampf“, war im Mittelalter überaus beliebt. Dazu trug vor allem die Verehrung der heiligen Kaiserin Kunigunde bei. Zur Zeit der Entstehung unserer Familiennamen im 14. und 15. Jahrhundert verwendete man in Schlesien gerne die Kurzform „Kinne“ für Kunigunde, von welcher sich der Familienname Kinner ableitet. Nur in Einzelfällen kann er auf eine Wüstung namens Kinne bei Bissingen an der Teck in Baden-Württemberg zurückgehen. Vor 1945 hauptsächlich in Schlesien beheimatet, treten die 402 Telefonbucheinträge mit diesem Namen (hochgerechnet etwa 1125 Namenträger) heute ohne besondere räumliche Schwerpunkte über ganz Deutschland verstreut auf.

Haben Sie Fragen zu Ihrem Familiennamen, dann schreiben Sie uns. Die Mainzer Sprachwissenschaftler wählen aus allen mittlerweile eingegangenen Einsendungen pro Folge drei bis vier Familiennamen aus und erläutern deren Herkunft und Bedeutung. Das heißt aber leider: Nicht alle Einsendungen – inzwischen sind es rund 5000 – können in der seit Sommer 2005 laufenden Serie berücksichtigt werden. Zudem: Diese Serie leistet keine Ahnenforschung. (Fotos: Van; Bolte, View)

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