Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz: Angst vor Afrikanischer Schweinepest

Bisher Wildschweine in Osteuropa befallen – Ausbreitung befürchtet – Experten warnen Urlauber und Fernfahrer

Koblenz/Gensingen: Aus Furcht vor einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest sollen Jäger in Rheinland-Pfalz mehr Wildschweine zur Strecke bringen. Nachdem die hochansteckende Seuche bei Wildschweinen in Tschechien aufgetreten sei, „besteht auch bei uns eine reale Gefahr“, sagt Jagdexperte Stephan Angermayer vom rheinland-pfälzischen Landesjagdverband in Gensingen.

Kein Impfstoff

Bislang gibt es nur gegen die „klassische“ europäische, nicht aber gegen die afrikanische Variante der Schweinepest einen Impfstoff. Bei einem Übergriff auf Hausschweine drohen erhebliche wirtschaftliche Schäden. Das große Problem sei, dass man bei einem möglichen Ausbruch die Verbreitung nicht eindämmen könne, sagte Angermayer. „Das Einzige, was wir im Moment machen können, ist das Schwarzwild so intensiv wie möglich zu bejagen, um die Population einzudämmen.“ Dies mindere die Übertragungsgefahr etwas.

Für Menschen ungefährlich

Für den Menschen ist die Afrikanische Schweinepest ungefährlich. Dennoch ist das Landesuntersuchungsamt (LUA) in Koblenz alarmiert. „Wir sind vorbereitet“, sagt LUA-Sprecher Achim Ginkel. „Wir hoffen aber, dass uns ein Schreckensszenario erspart bleibt.“ Schon seit längerem werden alle toten Wild- und Hausschweine auf den Erreger untersucht.

Die meisten infizierten Tiere sterben

Die Seuche verläuft für den überwiegenden Teil der infizierten Tiere tödlich. Die Wildschweine bekommen Fieber, Durchfall und Nasenbluten. Bevor sie sterben, sind sie geschwächt und desorientiert. „Wenn die Krankheit den Pfälzerwald erreicht, werden wir das ziemlich schnell merken“, sagt Ginkel. Die Infektion stammt ursprünglich aus Afrika, breitet sich aber seit 2007 von Georgien über Russland und die baltischen Staaten nach Westen aus. Ende Juni wurde das Virus in Ost-Tschechien festgestellt. Daraufhin hat das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) seine Risikobewertung für einen Ausbruch in Deutschland erhöht.

Seit 2012 frei von Europäischer Schweinepest

„Die Afrikanische Schweinepest nähert sich leider. Wir haben Angst“, sagte der Geschäftsführer der Vereinigung der Jäger des Saarlandes, Johannes Schorr, in Saarwellingen. Die Afrikanische Schweinepest gelte als „wesentlich virulenter als die Europäische Schweinepest“. Letztere hatte in Deutschland zuletzt seit Beginn des Jahres 2000 gewütet – auch danach gab es immer wieder Fälle, auch in Rheinland-Pfalz. Dank einer groß angelegten „Schluckimpfung“ – mit dem Impfstoff präparierte Maisköder wurden ausgelegt – gilt Deutschland seit 2012 als „Schweinepest-frei“.

Virus überlebt 400 Tage - auch tiefgefroren

Das rheinland-pfälzische Umweltministerium hat schon Ende Juli vor der afrikanischen Variante der Tierseuche gewarnt. Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) befürchtet, dass die Krankheit jederzeit eingeschleppt werden könnte. Aus diesem Grund warnt sie Urlauber, Fernfahrer und Jäger davor, Wurst und Schweinefleisch oder Jagdtrophäen aus Osteuropa nach Deutschland mitzubringen. Bei der Jagd in Osteuropa oder Russland benutzte Gegenstände wie Schuhe, Kleidung und Messer müssten gründlich gereinigt und desinfiziert werden: Das Virus überlebe in gekühltem, gefrorenem, gepökeltem und geräuchertem Fleisch oder in Wurst bis zu 400 Tage. Das dürfte auch der Grund sein, weshalb die Seuche – wie in Tschechien geschehen – plötzlich in Regionen ausbreche, in deren Umgebung sie weit und breit noch nicht aufgetreten war.

In Osteuropa auch unter Hausschweinen

Mit einem mehrsprachigen Handzettel sollen Fernfahrer auf das Problem aufmerksam gemacht werden. Sie werden darin gebeten, Essensreste wie angebissene Salamibrötchen nur in geschlossenen Müllbehältern zu entsorgen und sie auf gar keinen Fall einfach aus dem Fenster zu werfen. In Osteuropa verbreitet sich die hoch ansteckende Tierseuche auch unter Hausschweinen. Bei einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in einem deutschen Schweinebestand müssten laut Ministerium sofort alle Tiere des Betriebs getötet werden. Außerdem müssten Sperrzonen eingerichtet werden, und es gäbe Handelsbeschränkungen.

Dieses Jahr optimal für Frischlinge

In Rheinland-Pfalz dürfen Wildschweine das ganze Jahr über erlegt werden. Ausnahme sind Elterntiere mit Frischlingen. Es werde schon länger verstärkt zur Jagd auf Schwarzkittel aufgerufen, weil sie in der Landwirtschaft erhebliche Schäden anrichteten, so der Landesjagdverband. Hinzu kommt, dass sich Wildschweine stark vermehren. Die Reproduktionsrate liegt laut Verband bei bis zu 300 Prozent. Dieses Jahr sei das milde Wetter besonders günstig gewesen: „Die Überlebenschancen für Frischlinge konnten kaum besser sein.“ Zudem sei das Nahrungsangebot für die Schweine perfekt: „Es steht mittlerweile im Feld oder Wald ganzjährig zur Verfügung.“

Intelligentes Wild - schwere Jagd

Die Jagd auf Wildschweine ist nach Angaben des Landesjagdverbandes schwer und zeitaufwendig, da das Schwarzwild sehr intelligent ist. Im vergangenen Jagdjahr (1. April 2016 bis 31. März 2017) wurden landesweit 60.722 (Vorjahr 61.807) Wildschweine erlegt. Dieses Jahr sollen mehr Tiere erschossen werden.

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