Rheinland-Pfalz Pfiffige Tonkünstlerin im Federkleid

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,,Dui-djöö-dörillili-twi-tirillidjüriö!“ Nein, das ist kein missratenes Zitat aus jenem unvergesslichen Sketch von Loriot, in dem es um den Erwerb eines Jodeldiploms geht. Aber ein auf Fachleute vermutlich arg unbeholfen wirkender Versuch, etwas sehr Wohlklingendes in Buchstabenfolgen auszudrücken. Und zwar eine Sequenz aus dem Lied eines kleinen, jedoch stimmgewaltigen Sängers: einer Amsel, die den Frühling in der Pfalz genießt. Erfreulicherweise ist diese Vogelart hier derzeit wieder häufiger zu hören und sehen – zumindest kann man vielerorts den Eindruck haben. Vor einigen Jahren hingegen wurden Tierfreunde durch Berichte über ein massenhaftes Amselsterben in Sorge versetzt. Als Hauptverursacher machten Fachleute das 2010 erstmals in Deutschland festgestellte Usutu-Virus aus, das Stechmücken übertragen. 2011/12 und 2016 trat es in größeren Wellen auf, voriges Jahr grassierte es bislang am schlimmsten, wie der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) bilanziert. Bei fast 14.000 der toten oder kranken Amseln, von denen er durch seine Meldeaktion erfuhr, ging man von wahrscheinlichen Usutu-Fällen aus. In jenen davon, die das Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin bisher untersuchte, bestätigte sich im Nachhinein der Verdacht bei 64 Prozent. Meldungen kamen 2018 vor allem aus dem Norden, Rheinland-Pfalz war weniger betroffen. Zwar wurden laut Nabu auch 139 Amseln von dort positiv auf Usutu getestet, doch sieht man bei so einer Anzahl die Population nicht massiv bedroht dadurch. Auf weitere Ursachen für deren Rückgang verweisend führt der Nabu vor allem an, dass es weniger Insekten als Nahrung für die gefiederten Freunde gibt. Dass bei der Zählaktion „Stunde der Gartenvögel“ – zu welcher der Nabu dieses Wochenende wieder aufruft – im Mai der vergangenen Jahre weniger Amseln pro Garten gesichtet wurden als früher (2018 im Schnitt 2,9 gegenüber 4,1 im Jahr 2010), entspreche dem bundesweiten Trend. Den Zahlen nach hat sich der Bestand indes inzwischen wieder etwas erholt. Insgesamt gehe es der Amsel in Rheinland-Pfalz zurzeit „nicht schlecht“, so das erleichternde Fazit. Da ist einem das muntere Trällern der Turdus merula gleich doppelt Musik in den Ohren. Als einer der großen Sangeskünstler in unserer Vogelwelt beherrscht sie nicht nur verschiedenste Tonlagen, sondern ebenso ein breites Spektrum an Motiven und Strophen. Und kann beim Kombinieren vielfältiger Elemente mit immer neuen Varianten überraschen. Auch indem sie, oder besser gesagt das vor allem singende Männchen im schwarzen Federkleid, etwas nachahmt. Etwa den Rivalen, der im Nachbarrevier auf beeindruckende Weise um ein Weibchen wirbt. Oder irgendwelche andere als attraktiv empfundene Töne und Geräusche. Michael Schmolz, Geschäftsführer der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz, erinnert sich zum Beispiel gut an eine Amsel, die in ihren Gesang stets eine außergewöhnliche Strophe einbaute: etwas wie ein „kleines Zitat aus irgendeiner Sinfonie“. Jahrelang habe er den Vogel daran erkannt. Und mit der Zeit vorhersagen können, wann im Vortrag er dazu anheben würde. Kurioses kann auch der Kaiserslauterer Vogelstimmen-Experte Hans-Wolfgang Helb von Amseln erzählen: So imitierten etwa welche, die im Bereich einer Münchener Klinik lebten, das Martinshorn-Signal des Sankas. Und in Garmisch-Partenkirchen ahmte eine Amsel den speziellen Pfiff nach, mit dem eine Frau ihre Katze nach Hause zu rufen pflegte. Artgenossen übernahmen das für Jahre in ihren „lokalen Dialekt“. Nicht bekannt ist, ob die Mieze sich dadurch täuschen und gar von einem Vogelnest weglocken ließ – wiewohl das eher unwahrscheinlich scheint. Um Gefahr von ihrer Brut fernzuhalten oder in Erregung aus anderem Grund, geben Amseln in der Regel charakteristische Laute von sich, die ganz und gar nicht melodiös, allerdings leicht beschreibbar sind: ihr stakkatohaftes „Tixtixtix“. Da lauschen wir doch lieber einem in seinem Wohlklang nicht annähernd in Worten wiederzugebenden „Dui-djöö-dörillili ...“ | Martina Röbel

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