Rheinland-Pfalz Erstmals ohne Glyphosat

Hat jahrelang Glyphosat im Naturschutzgebiets-Weinberg gegen Unkraut gespritzt. Jetzt ist Volker Schrah erstmals mit der Egge un
Hat jahrelang Glyphosat im Naturschutzgebiets-Weinberg gegen Unkraut gespritzt. Jetzt ist Volker Schrah erstmals mit der Egge unterwegs.

«Bad Dürkheim». Volker Schrah, Winzer aus Leistadt (Kreis Bad Dürkheim), stöhnt. In all den Jahren, seit er auf zwei Hektar Wein im Naturschutzgebiet Felsenberg-Berntal zwischen Leistadt, Herxheim am Berg und Kallstadt anbaut, hat er jedes Frühjahr Glyphosat gespritzt. Und nicht nur er. Auch viele Kollegen. Ungeliebte Kräuter sollten den Reben nicht Wasser oder Nährstoffe streitig machen. Das Unkraut zwischen den Rebzeilen starb schnell ab, braun-gelbe Streifen zeugten vom Erfolg. Glyphosat war einfach und günstig – obwohl schon lange verboten. Trotz Verbot gespritzt – wieso? Doch die Zeiten haben sich geändert. Kenner fragen nicht nur nach einem guten, sondern auch nach einem sauber produzierten Wein. Der Universal-Unkrautvernichter Glyphosat ist immer stärker in Verruf gekommen. Zum einen, weil er von der Weltgesundheitsorganisation als „womöglich krebserregend“ eingestuft wird. Zum anderen haben die Urteile in den USA gegen Monsanto beziehungsweise nun Bayer als Hersteller des glyphosathaltigen Mittels Round-up ihr Übriges getan. Krebskranken Klägern wurden dort Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen. Doch bis 2018 hatte eine ganze Branche in Rheinland-Pfalz das Verbot von Glyphosat in Naturschutzgebieten offenbar nicht auf dem Radar, dabei galt es schon seit 2003. Weder Winzer, noch Bauern. Erst als die RHEINPFALZ Ende Juni 2018 über den Glyphosat-Skandal im 50 Hektar großen Naturschutzgebiet bei Leistadt berichtete, schienen Landwirte-Lobby, Winzer-Fachberatungsstelle DLR in Neustadt und nicht zuletzt die Winzer zu realisieren, dass Glyphosat dort auch in den Rebzeilen oder dem bepflanzten Feld nicht erlaubt ist. Nur das Glyphosat-Spritzverbot für Wegränder war bekannt. Dass auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier offenbar jahrelang nicht die Einhaltung dieses Verbots in Naturschutzgebieten überprüfte, obwohl die Wirkung des Spritzmittels schon mit bloßem Auge gut zu erkennen ist, ließ die Winzer weitermachen. Jahrelang keine Kontrollen Erst mit dem Medienbericht 2018 erschienen plötzlich Warnhinweise in Fachblättern und auf den Internetseiten der staatlichen Beratungsstellen. Und erst dann wurde offensichtlich erstmals gezielt auf illegale Glyphosateinsätze in Schutzgebieten geprüft. Laut Kontrollbehörde wurden 2018 vier derartige Verstöße in Rheinland-Pfalz entdeckt (im Leistadter Berntal und Am Höllenberg, Landkreis Mainz-Bingen). Diese Zahl hatte auch das Umweltministerium auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Andreas Hartenfels aus dem Landkreis Kusel (Mitglied des Umweltausschusses) und Jutta Blatzheim-Roegler, stellvertretende Fraktionsvorsitzende (Landkreis Bernkastel-Kues), im November genannt. Kurz hatte 2018 sogar die Staatsanwaltschaft Frankenthal wegen einer möglichen Straftat in Sachen Glyphosatspritzen ein Ermittlungsverfahren gegen einen Winzer geprüft, das Verfahren wegen Geringfügigkeit aber wieder eingestellt. Mit der beginnenden Vegetation in diesem Frühjahr schien nun jedem Winzer und Bauer mit Reben, Acker oder Obstbäumen in einem Naturschutzgebiet bewusst, dass dort gegen Unkräuter eine Alternative gefunden werden oder eine Sondergenehmigung für Glyphosat her musste. Was also tun ohne Glyphosat? Volker Schrah, der Leistadter Weinbauer, will auf Glyphosat, das er in seinen sechs Hektar Wingert in Lagen ohne gesetzlichen Naturschutzstatus ohnehin legal einsetzt, am liebsten nicht verzichten. Schon Ende 2018 hat er deshalb bei der Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) Süd beantragt, Glyphosat auch im Berntal einsetzen zu dürfen. „Die Weinberge hier sind steil“, so Schrah. Bodenerosion sieht er als Gefahr, wenn Unkraut mit einer Scheibenegge aus der Erde gerupft wird. „Das haben wir gesehen, wie bei Starkregen die Erde einfach weggespült wird.“ Er ist mit dem Antrag auf Sondergenehmigung der einzige Pfälzer Winzer. Seine Kollegen und auch der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd wollen nun abwarten, wie die Neustadter Behörde entscheidet. Dort liegen insgesamt 18 Anträge (für 17 Obstanbauflächen und neun Weinberge) auf Glyphosat-Sondernutzung vor, über die alle noch nicht entschieden ist. Eingegangen sind die meisten zwischen Mitte März und Anfang Mai. Im nördlichen Rheinland-Pfalz mit seinen Moselsteillagen wurde laut SGD Nord dieses Jahr kein Antrag auf Glyphosat-Sondernutzung gestellt. Winzer Schrah wird aus Neustadt womöglich so schnell keine Antwort erhalten. Denn der Behörde fehlen Detailangaben zu dessen Antrag. Und so lange könne der Fall nicht bearbeitet werden, sagt die SGD. Es blieb Schrah also nichts übrig, als das Kraut stehen zu lassen oder mit einer Scheibenegge durch die Rebzeilen zu fahren. Das hat er jetzt gemacht. Den Wirbel um Glyphosat versteht er nicht – zudem gebe es immer mehr Auflagen für Landwirte. „Es macht keinen Spaß mehr“, meint er. Kommentar

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