Rheinland-Pfalz „Artenvielfalt extrem gefährdet“

Bis zu 3000 Exemplare Wildkatzen leben frei in Rheinland-Pfalz, das ist bundesweit die größte Population. Doch die Bestände sind gefährdet. Im Meulenwald bei Trier und im Pfälzerwald bei Kaiserslautern sind derzeit Ehrenamtliche unterwegs, um Spuren der Wildkatze zu suchen. Wir fragten den Koblenzer Frieder Leuthold, Koordinator des Projekts „Wildkatzensprung“ beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), was bei dieser sogenannten Lockstockkontrolle passiert.

Lockstöcke sind eine Art Vorratsdatenspeicherung im Tierreich. Mit Baldrian besprühte Holzpflöcke sollen umherstreifende Wildkatzen anziehen. Wie viele dieser Stöcke wurden im Pfälzerwald platziert, welche Spuren hinterlassen daran die Katzen?

Wir haben derzeit in beiden Gebieten je 50 Stöcke aufgestellt. Die Katzen sind momentan auf Partnersuche. In dieser Zeit sind sie mobiler als sonst und bearbeiten die Stöcke regelrecht. Die dabei hinterlassenen Haare können so regelmäßig eingesammelt werden, ohne die Tiere stören oder fangen zu müssen. Was passiert mit diesen Haarproben? Wir senden sie ans wildtierökologische Genlabor des Senckenberg Institutes, wo sozusagen ein genetischer Fingerabdruck der Tiere erstellt wird. Jeder „TV-Tatort“-Zuschauer weiß: Die Polizei benötigt solche Informationen, um Verbrecher überführen zu können. Aber was stellen Naturschützer mit solchen Erkenntnissen an? Die Ergebnisse geben uns Hinweise darauf, wo Handlungsbedarf besteht, das heißt, wo die Qualität der Wälder verbessert werden muss, wo Waldverbund und somit die Verbindungen von getrennten Populationen optimiert oder hergestellt werden müssen. Wie für alle Arten ist dies auch existenziell für den Erhalt der Wildkatze. Wie können die Wege, die Wildkatzen nehmen, sicher gemacht werden, damit der genetische Austausch klappt? Wie könnte so ein Korridor beispielsweise zwischen Pfälzerwald und Bienwald aussehen? Zunächst mal sollten diese Wege gesichert, das heißt nicht erschwert, verbaut oder die wichtigen Lebensräume zerschnitten werden. Das gilt übrigens für die gesamte Flora und Fauna, denn wir Naturschützer sorgen uns um unsere gemeinsame natürliche Ressource Artenvielfalt, die extrem gefährdet ist und durch einen Biotopverbund unterstützt werden könnte. Auch Baumaßnahmen wie Grünbrücken sind somit keine Geldverschwendung, sondern – an der richtigen Stelle geplant – Voraussetzung für eine lebenswerte Region für Natur und Mensch. Einen Korridor zwischen Pfälzerwald und Bienwald gibt es bereits, er hat aber noch einige Lücken, die wir natürlich gerne schließen würden. Auch Wolf und Luchs sollen in unsere Wälder zurückkehren. Wird es dort nicht allmählich ziemlich voll, die Wildschweine sind ja schon zu einer Plage geworden? Gesunde Waldökosysteme regulieren sich selbst, werden nicht „zu voll“ und brauchen Räuber und Beute, also Raubtiere und Pflanzenfresser. Der Mensch greift hier aber ein, so sind diese Plagen hausgemacht. Wenn wir es wollen und zulassen, könnten auch Wolf und Luchs uns kostengünstig helfen, in Zukunft gesunde Wildbestände zu haben. (ros/Foto: privat)

x