Rheinland-Pfalz Arsen und Baggerschaufel

Das Neustadter Drama, bei dem manches auf einen tragischen Ausgang hindeutet, handelt von Arsen. Jenem Gift, zu dem gern in der Kriminalliteratur gegriffen wird. Im wahren Leben kommt es fast überall vor, meist im Boden, wenn auch in sehr geringen Mengen. Ab welchem Grenzwert das Arsen in der Erde gesundheitsgefährdend ist, regelt ein Bundesgesetz. Im Vergleich weitaus niedriger liegt jener Wert, ab dem arsenbelasteter Bodenaushub als Sondermüll entsorgt werden muss. In Neustadt nun hat die Stadt im Ortsteil Diedesfeld ein Baugebiet mit dem schönen Namen „Auf dem Häusel“ ausgewiesen. Die Erschließung übernahm ein privater Träger. Der ließ 2010 ein Bodengutachten erstellen, das die Stadt vorgelegt bekam; dabei wurde unter anderem Aushub untersucht und als nicht gefährlicher Abfall bewertet. Auch die Arsenbelastung mehrerer Grundstücke – auf einem davon plant die Stadt einen Spielplatz – ist danach unbedenklich. Parzelle an Parzelle reiht sich „Auf dem Häusel“, guter Wingertboden, wie die meisten Bauherren feststellen durften. Einer von ihnen allerdings nicht. Das Gelände, das er 2012 von der Stadt erwarb, stellte sich spätestens beim Aushub für die Bodenplatte seines Hauses als Problem heraus: Statt Muttererde förderte die Baggerschaufel der vom Erschließungsträger beauftragten Baufirma Schutt, Mauerreste, Holz und Ähnliches zu Tage. Irgendwer hatte es irgendwann auf das Areal gekippt und platt gemacht – ob Erschließungsträger, Baufirma oder ein Dritter, lässt sich der Stadtverwaltung zufolge nicht mehr nachprüfen. Dann verdeckte gnädiges neues Grün die Altlast. Weil die Baufirma befürchtete, dass der Aushub problematisches Material sein könnte, veranlasste der Bauherr ein Gutachten, das zweite in diesem Drama. Mit dem Resultat, dass das Material als Sondermüll entsorgt werden musste – dem Bauherrn zufolge auch deshalb, weil eine zwar unter dem Grenzwert in Sachen Gesundheitsgefährdung liegende Arsenkonzentration nachgewiesen wurde, aber eine zu hohe, um den Aushub als unbedenklich einzustufen. Und das wird bekanntlich teuer. Genau gesagt waren es 32.000 Euro, die der Bauherr dafür berappen musste, nach Schätzung der Stadtverwaltung etwa 28.000 Euro mehr, als er für das Entsorgen von unbelastetem Material hätte aufbringen müssen. Und weil sie vielleicht ein etwas schlechtes Gewissen hatte, dass eines ihrer Grundstücke nicht so tadellos war wie gedacht, beteiligte sich die Stadt zur Hälfte. Das freute den Bauherrn zunächst, stieß ihm später aber bitter auf. Dann nämlich, als er von jenem Gutachten erfuhr, das der Erschließungsträger anno 2010 hatte erstellen lassen. Und das bereits Arsen nachgewiesen hatte. Wen wundert es, dass er daraufhin auch die restlichen 14.000 Euro von der Stadt forderte, schließlich habe diese um das Problem gewusst und ihn quasi in die Kostenfalle tappen lassen. Sich derart hinterhältig verhalten zu haben, diesen Vorwurf weist die Stadt in Person von CDU-Oberbürgermeister Hans Georg Löffler zurück. Weil Gutachten Nummer eins eben keine Gefahren nachgewiesen habe und kein Mensch davon ausgehen konnte, dass sich unter den Grundstücken ein faules Ei, Stichwort Bauschutt, befand. Die Stadt bereut es sogar, sich auf den 14.000-Euro-Vergleich eingelassen zu haben. Zwischenzeitlich sind die Fronten verhärtet, was auf einen tragischen Ausgang hindeutet, der letzte Vorhang also vor Gericht fallen könnte. Zwischenzeitlich hat die Stadt aber auch Gutachten Nummer drei erstellen lassen, das aus ihrer Sicht Gutachten Nummer eins erneut bestätigt – auch in Sachen künftiger Spielplatz. Die Anwohner von „Auf dem Häusel“ sind trotzdem beunruhigt – zumal der Oberbürgermeister nicht gleich Rede und Antwort stand, als die Arsenfrage Anfang April öffentlich wurde. Weil er zu jenem Zeitpunkt dienstlich unterwegs, die Arsenfrage für ihn aber ohnehin „ein Thema ohne jede Brisanz“ war. Erst acht Tage später im Stadtrat gab es Antworten. Dort waren viele Anwohner als Zuhörer, was Löffler gezeigt haben mag, dass er als Oberbürgermeister vielleicht doch etwas anders auf solche Problemlagen reagieren sollte. Das Ergebnis: eine Einwohnerversammlung für die Anwohner von „Auf dem Häusel“ – so schnell wie möglich. Soll heißen: am 30. April.

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