Rheinland-Pfalz Zur Sache: Der Wert der NS-Kunst

Der NS-Künstler Josef Thorak (1889-1952) hat es gerade wieder in ein renommiertes Museum geschafft: Die Münchener Pinakothek der Moderne präsentiert seit gestern eine fast drei Meter große Plastik des gebürtigen Salzburgers. Sie zeigt eine nackte Frau, die sich einem hinter hier stehenden, athletisch gebauten Mann zuwendet. Das Marmorpärchen ist Teil der Ausstellung „GegenKunst“, in der das Museum Arbeiten bekannter NS-Künstler mit Werken kombiniert, die im Nationalsozialismus als „entartet“ geschmäht wurden. Christian Fuhrmeister findet das Konzept „spannend“. Der Privatdozent vom Münchener Zentralinstitut für Kunstgeschichte hat sich immer wieder mit Kunst der NS-Zeit beschäftigt. Er bemängelt, dass viele deutsche Museen bislang so tun, als „habe es diese zwölf Jahre einfach nicht gegeben“. Oder als sei alles, was Nazi-Größen gefiel, schon allein deshalb als Kitsch einzustufen. Dabei gehe es um Künstler, die renommierte Akademien absolvierten, die von professionellen Kritikern gelobt wurden und die kunstgeschichtlich gebildete Käufer fanden. Doch Fuhrmann weiß auch um die andere Seite: Hitler wollte eine „deutsche Kunst“, die seinen eigenen Vorstellungen entsprach. Und er sorgte dafür, dass sie einen entsprechenden Marktwert bekam. „Er hat wie irre gekauft“, erläutert der Kunstgeschichtler. Deshalb kosteten die Werke der „Führer“-Günstlinge auf einmal so viel wie alte Meister, also zum Beispiel Tizians oder Rembrandts. Heute leben die Käufer von NS-Kunst vor allem in den USA, in Russland und im Nahen Osten, sagt der Wissenschaftler. Den Marktwert eines derartigen Kunstwerks zu bestimmen, sei immer noch schwierig. Eines der in Bad Dürkheim entdeckten Thorak-Pferde könnte vielleicht 500.000 Euro bringen, sagt der Wissenschaftler – „wenn ich jetzt mal ganz vorsichtig schätze“. Reiche Sammler könnten einen Preis aber schnell in Millionenhöhe treiben. Bleibt noch die Frage nach dem ideellen und künstlerischen Wert solcher Stücke. Über den will auch Fuhrmann kein abschließendes Urteil fällen. Denn er findet: Bevor man das kann, muss sich die Kunstgeschichte erst einmal ernsthaft mit Werken von Thorak oder Arno Breker (1990-1991) auseinandersetzen, anstatt sie nur in den Giftschrank zu sperren. Entsprechend froh ist er über die Bad Dürkheimer Entdeckung: „Es ist immer gut, wenn so etwas auch tatsächlich begutachten kann.“ (häm)

x