Rheinland-Pfalz Ein Loch, das keiner will

Die „Metropol“-Baugrube auf dem Berliner Platz in Ludwigshafens Innenstadt.
Die »Metropol«-Baugrube auf dem Berliner Platz in Ludwigshafens Innenstadt.

«Ludwigshafen.» Das Loch muss weg. Immerhin darüber herrscht Einigkeit. Die Rede ist von der riesigen Baugrube auf dem Berliner Platz – ein Nahverkehrsknotenpunkt in der Ludwigshafener Innenstadt, den täglich 40.000 Menschen passieren. Die Wunde klafft seit bald vier Jahren im Zentrum, nachdem dort das ehemalige Kaufhaus „Tortenschachtel“ abgerissen worden ist. Seither hat sich nichts mehr getan, obwohl das Geschäftshaus den bereits 2014 vorgestellten Plänen zufolge längst stehen sollte. Über diesen „Schandfleck im Stadtbild“ und das, was auf ihm entstehen soll, ärgern sich nicht nur zahlreiche Leserbriefschreiber. Auch Anwohner und unabhängige Architekten schütteln den Kopf über den Entwurf des Düsseldorfer RKW-Büros. Das Prestige-Projekt von Investor Günther Tetzner (Timon Bau, Ettlingen) ist zum Politikum und zu einem zentralen Thema im Kommunalwahlkampf geworden. Vor allem die Grünen laufen Sturm gegen die an der Spitze 67 und 29 Meter hoch geplanten Türme, in denen über 180 Hotelbetten, Praxen, Büros und Gastroketten vorgesehen sind. 70 Millionen Euro sollen investiert werden. Für Samstag organisiert die Partei ihre mittlerweile neunte Protestaktion auf dem benachbarten Platanenhain. Die Politiker ketten sich dort erneut an einige der 55 Bäume, die für ein bis zu 18 Meter Parkhaus mit vier Decks versetzt werden sollen. Denn unterhalb des „Metropol“ getauften Gebäudes ist kein Platz für die geforderten 332 Stellflächen. Einer größeren Tiefgarage steht ein Weltkriegsbunker im Weg, dessen Rückbau sehr kompliziert und extrem teuer wäre. Gut 500 Menschen haben sich bereits an den Demos beteiligt, über 700 Unterschriften wurden gesammelt, die an Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (56, SPD) übergeben werden sollen. Unternehmer Görtz schlägt vor, das Gelände zurückzukaufen Für die Grünen passen die Hochhäuser nicht zum Berliner Platz. Dass für den umstrittenen Bau zusätzlich noch Bäume weichen sollen, bringt Ortsvorsteherkandidat Jens Brückner auf die Palme. „Der Platanenhain muss für die Bürger erhalten bleiben. Das ist einer der letzten grünen Flecken in der Innenstadt“, sagt der 48-Jährige. Statt der „Metropol“-Wolkenkratzer favorisiert der Grüne einen freien Platz oder eine einstöckige Bebauung. „Charmant“ finden er und seine Partei die Idee einer Markthalle. Diesen Vorschlag hatte der Ludwigshafener Unternehmer Peter Görtz (Bäcker Görtz) ins Spiel gebracht. Der 50-Jährige plädiert dafür, das Gelände zurückzukaufen. Firmen und Bürger könnten Geld in einen Fonds einzahlen, um das Heft des Handelns für die Gestaltung des Areals selbst in die Hand zu nehmen. Edmund Keller (88), seit 59 Jahren Vorsitzender des Einzelhandelsverbands, wünscht sich als Frequenzbringer für die Innenstadt ein neues Rathaus auf dem Berliner Platz. Das alte ist seit Jahren ein Sanierungsfall. Doch auch dazu müsste das Areal der Stadt gehören – tut es aber nicht. Tetzner hat es Ende 2013 von einem Immobilienfonds erworben, dem Vernehmen nach für eine Million Euro. Bis heute hat er etwa elf Millionen Euro in sein Vorhaben investiert – ohne sichtbare Folgen. „Ich wünschte mir, wir hätten dort eine andere Situation. Ich kann es mir dort aber nicht backen, wie ich will“, verweist OB Steinruck, seit 16 Monaten im Amt, auf die Fakten. Sie kennt zwar Investoren, die Interesse an dem Grundstück haben. Bisher allerdings sei Tetzner nicht bereit, zu verkaufen. Jedenfalls nicht zu den Konditionen, die ihm möglicherweise schon angeboten worden sind. Die Grünen wollen den Investor ausbooten: Er habe nicht geliefert Der in der Schweiz lebende Mittsiebziger ist inzwischen eine Reizfigur in der Stadt. Bei der Projekt-Präsentation vor fünf Jahren sprach Tetzner noch davon, mit dem Hochhaus eine „weithin sichtbare Landmarke“ für Ludwigshafen zu schaffen. Bis auf einen mit Hochglanzfotos bebilderten Bauzaun ließ er seinen vollmundigen Versprechen aber keine Taten folgen. Im Gegenteil: Der Baustart wurde mehrfach verschoben. Die zunächst miteinander verbundenen „Metropol“-Türme wurden in überarbeiteten Entwürfen voneinander getrennt und zudem bis zu 15 Meter höher geplant als ursprünglich angekündigt. Die Debatte über die von Anwohnern kritisierten Verschattungsprobleme spitzte sich weiter zu. Und: Vom exklusiven Belegungskonzept vergangener Tage blieb kaum etwas übrig. Auf der Kippe stand das Vorhaben, als Tetzner zwischenzeitlich finanziell die Puste ausging. Im Rathaus wuchs die Ungeduld. Das Vertrauen in den Investor schwand. Dennoch wurde ihm im Dezember von einer breiten Mehrheit im Stadtrat „eine allerletzte Chance“ eingeräumt, das Projekt umzusetzen, falls er belastbare Unterlagen vorlege. Tetzner zauberte mit der Münchner TE-Gruppe den dritten Finanzpartner aus dem Hut und versprach, den Komplex ab 2020 bis Ende 2022 hochzuziehen. Eine gute Figur machte er dabei nicht, weil er mit der Centro-Hotelgruppe nur einen Ankermieter vorweisen konnte und darüber hinaus nur wenige unterschriebene Verträge in der Aktentasche hatte. Die regierende Stadtrats-Koalition aus SPD und CDU hält trotz allem an Tetzner und dem Gesamtprojekt fest. Gegen die Offenlage – eine Vorstufe zur Baugenehmigung – stimmten im Dezember nur die Grünen und die Linkspartei. „Wer keine Bebauung will, mutet den Bürgern den Status quo zu“, hielt OB Steinruck den Kritikern entgegen. Zuletzt versicherte sie mit Blick auf die Baugrube: „Das bleibt kein ewiges Loch.“ Doch damit geben sich die Grünen nicht zufrieden. Sie möchten Tetzner ausbooten. „Er hat in den vergangenen fünf Jahren gezeigt, dass er’s nicht kann“, sagt Parteisprecher Raik Dreher (50). Fazit der Grünen: „Tetzner hat nicht geliefert. Was er vorgelegt hat, ist absolut risikobehaftet.“

Der Entwurf für die „Metropol“-Hochhäuser. Ein Hotel, Praxen, Büros und Gastroketten sind darin vorgesehen.
Der Entwurf für die »Metropol«-Hochhäuser. Ein Hotel, Praxen, Büros und Gastroketten sind darin vorgesehen.
x