Corona Das Selbsttesten beginnt: Kritik an Tests im Unterricht

Getestet wird in der Schule, nicht zuhause: Das stößt auf Kritik.
Getestet wird in der Schule, nicht zuhause: Das stößt auf Kritik.

Für viele Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz startet am Mittwoch wieder der Unterricht. Nach ersten Gehversuchen in diesen Tagen können die Schüler ab nächster Woche zweimal wöchentlich einen Corona-Selbsttest machen. Das Verfahren an den Schulen stößt bei Gewerkschaft und Schülervertretern auf Kritik.

Nach den Osterferien soll das Infektionsgeschehen an Schulen mit Selbsttests für Schüler und Lehrer eingedämmt werden: Nicht mit nur einem Test pro Woche, wie Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) zunächst angekündigt hatte, sondern mit zweien. Das hat Hubig vor eine Woche mitgeteilt. Was etwas überraschend kam, weil wenige Tage zuvor bereits ein Elternbrief verschickt worden war, in dem noch von einem Test pro Woche die Rede war.

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Bei der Beschaffung der Selbsttests muss das Land entsprechend nachlegen: Bisher seien für den Testzeitraum bis Pfingsten gut vier Millionen Selbsttests für Schulen bei verschiedenen Herstellern geordert worden; wöchentlich sollen davon 580.000 ausgeliefert werden, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Für den nun angekündigten zweiten Test pro Woche sei man noch „im Beschaffungsprozess“.

Der Corona-Selbsttest in der Schule bleibt für die Schüler auch nach der Frequenzänderung weiterhin freiwillig, und der Schulbesuch ist nicht an die Vorlage eines negativen Testergebnisses geknüpft.

Forderung: Selbsttests zuhause statt in der Schule

Während die Erhöhung der Testfrequenz bei Schülervertretern und Lehrerverbänden auf Zustimmung trifft, stößt das Verfahren für die Corona-Tests auf Kritik. „Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Rheinland-Pfalz lehnt entschieden ab, dass die Testungen der Schülerinnen und Schüler unter Beaufsichtigung der Lehrkräfte an den Schulen stattfinden sollen“, erklärte etwa der Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer am Dienstag in einem offenen Brief an Bildungsministerin Hubig. Die ab Mittwoch geplanten Tests sollten entweder daheim in den Familien oder von geschultem Personal in dafür geeigneten Räumen vorgenommen werden. Der Philologenverband, in dem vor allem Lehrkräfte an Gymnasien vertreten sind, hat das Verfahren ebenfalls kritisiert und gefordert, dass die Selbsttests „im geschützten Raum der Familie“ stattfinden sollten.

Auch die Schüler- und Jugendvertretungen des Landes fordern in einem offenen Brief an die Ministerin, dass die Selbsttests zuhause durchgeführt werden, nach einer Einführung in die richtige Anwendung an der Schule. Die Schülervertreter sehen im Testen im Unterricht vor allem ein Gesundheitsrisiko und eine Verschwendung von Unterrichtszeit. Die GEW betont, die Durchführung solcher Tests gehöre nicht zum Umfang der Dienstpflichten der Lehrer. Außerdem erwarte man „enorme pädagogische Probleme, sollte ein Kind ein positives Testergebnis erhalten“.

Germersheimer Modell: Gute Erfahrungen im Pilotprojekt

Für solche Befürchtungen sieht Heiner Butz vom Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Germersheim keinen Anlass. Der 69-Jährige ist beim DRK Fachberater für Psychosoziale Notfallversorgung und Betreuung – und seit einigen Wochen als Projektleiter „Testen an Schulen“ im Landkreis Germersheim verantwortlich für das Germersheimer Modell. An diesem Pilotprojekt haben im Landkreis 30 Grundschulen, 4315 Grundschüler und 904 Lehrer teilgenommen. Bei mehr als 5000 Selbsttests seien 15 positiv ausgefallen (bei sieben anschließend nachgewiesenen Infektionen): In keinem Fall sei ihm von Problemen oder Ausgrenzungserfahrungen berichtet worden, sagt Butz.

Die Erfahrungen aus Germersheim zeigten, dass die Kinder das Testen „eher als Spiel oder als ein Versuch wie in Sachkunde“ erlebten. Es sei dabei besonders wichtig, dass das Testen im Vorfeld altersgerecht vorbereitet werde. Dann biete ein Selbsttest an der Schule auch eine Chance für die Kinder, die viele gar nicht sehen würden: Die Kinder seien der Situation bisher hilflos ausgeliefert. Einige hätten versteckte Ängste vor Corona, etwa infiziert zu sein. Durch den Test erfahren die Kinder Selbstwirksamkeit – das heißt, sie erleben sich als handlungsfähig. Die aktive Teilnahme am Test könne bei den Kindern Ängste und Stress reduzieren, ist Butz überzeugt.

Was passiert, wenn ein Selbsttest positiv ist

Bildungsministerin Hubig nannte drei Gründe, warum die Selbsttests in der Schule und nicht zuhause stattfinden sollten. Den Kindern und Jugendlichen könne so am besten vermittelt werden, wie dieser Test richtig vorzunehmen sei. „Zum anderen ist es uns wichtig, einen Überblick zu erhalten, wie hoch die Teilnahmequote ist.“ Und schließlich werde so sichergestellt, dass positive Fälle auch gemeldet würden.

Dabei erfolgt die Meldung an das zuständige Gesundheitsamt nicht durch die Schule. Denn das Testkonzept des Landes sieht vor, dass der positive Selbsttest durch einen Schnelltest – also einen von geschultem Personal durchgeführten Test – überprüft wird. Erst wenn dieser positiv ausfällt, geht eine Meldung ans Gesundheitsamt (durch das Testzentrum, nicht die Schule) und der Schüler muss in Quarantäne. Ob das positive Schnelltest-Ergebnis zusätzlich durch einen kostenlosen PCR-Test überprüft wird, bleibt den Eltern überlassen.

Es gibt übrigens noch einen vierten Grund, den das Bildungsministerium für Selbsttests in der Schule angibt, etwa in Hubigs Informationsschreiben an die Eltern: Man habe die Tests nicht einzeln verpackt bestellt. Die Selbsttests können also nicht ohne Weiteres mit nach Hause genommen werden.

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