Gerolsheim/Speyer Große Unterstützung für Generalvikar

Andreas Sturm
Andreas Sturm

Gleichgeschlechtliche Paare sollen in der katholischen Kirche keinen Segen erhalten. Das hatte die oberste Glaubensbehörde im Vatikan vor einer Woche klargestellt. Der Generalvikar des Bistums Speyer, Andreas Sturm, sieht dies anders und stellt sich offiziell dagegen. Dafür erntet er breite Zustimmung in der Bevölkerung. Und auch andernorts mehrt sich der Widerstand gegen Rom.

Sturm ist der Stellvertreter von Bischof Karl-Heinz Wiesemann und leitet das Bischöfliche Ordinariat. Er plädiert für mehr Transparenz und Offenheit. „Wenn man immer schweigt und seine Enttäuschung, Frustration und Fassungslosigkeit immer nur still runterschluckt, verrät man dann nicht irgendwann seine eigenen Überzeugungen?“ Ihm gehe es um das Grundsätzliche, betont er.

Der Gerolsheimer habe Wohnungen, Autos, Fahrstühle und unzählige Rosenkränze gesegnet. Warum dürfe er dann nicht zwei Menschen segnen, die sich lieben? „Das kann nicht Gottes Wille sein“, erklärt er. Es komme nicht von ungefähr, dass für viele homosexuelle Paare die Kirche keine Anlaufstelle mehr sei.

Die Glaubenskongregation des Vatikans hatte die Haltung bekräftigt, keine homosexuellen Paare zu segnen. Begründung: Sie habe keine Vollmacht, und Gott segne nicht die Sünde. Zudem könne die Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen nicht als zulässig angesehen werden, weil sie eine Nachahmung des Brautsegens darstellen würde, der auf Mann und Frau zu Teil wird. Es gebe keinerlei Fundament dafür zwischen homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen.

Auf Facebook hat der Generalvikar über 1100 Kommentare, über 5400 Interaktionen wie „Gefällt mir“ oder Herzen für seinen Widerstand gegen die Verlautbarung aus Rom erhalten. Über 2000-mal haben Menschen seinen Beitrag geteilt. Hinzu kamen 1000 E-Mails. Wenige hätten sich negativ geäußert, sagt Sturm. Mit einer dieser Resonanz habe er nicht gerechnet, sondern vielmehr befürchtet, „aufrechte Katholiken werden mir sagen, dass ich in die Hölle komme“, sagt der 46-jährige Geistliche. Er bekomme Briefe von Eltern Homosexueller, die ihm ihr Leid schilderten. „Sie freuen sich über eine wertschätzende Haltung für ihre Kinder.“

Der Bund der Katholischen Jugend (BDKJ) Speyer stellte sich ebenfalls in einem offenen Brief gegen die Absage der Glaubenskongregation. Diözesanvorsitzende Lena Schmidt sagt: „Wir sind froh, dass viele Priester und Seelsorger, wie auch unser Generalvikar, sich deutlich positioniert haben. Wir befürchten jedoch, dass die römische Verlautbarung Auswirkung auf den Synodalen Weg haben könnte.“ Der Synodale Weg ist ein Gesprächsformat innerhalb der katholischen Kirche zur strukturierten Debatte über Veränderungen in der Kirche in Deutschland.

In einem offenen Brief schreibt der Dachverband der Jugendverbände des Bistums Speyer an die Vertreter des Synodalen Wegs: „Wir können nicht verstehen, wieso sich die Amtskirche weiterhin anmaßt, Menschen bewusst auszugrenzen und ihnen den Segen zu verweigern. Jesus (...) hat Menschen angenommen wie sie sind.“ Der Blick aus dem Elfenbeinturm in Rom mache gerade an diesem Thema deutlich, wie sehr einflussreiche Angehörige des Vatikans an der Lebensrealität und an einer gerechten gleichberechtigten Kirche für alle vorbei arbeiteten, so der BDKJ. Der BDKJ ruft auf der Internetseite kirchefueralle.bdkj-speyer.de dazu auf, den Brief mit zu unterschreiben.

Auch andernorts in der Pfalz regt sich Widerstand gegen die Haltung der Glaubenskongregation. Der nordpfälzische Pfarrer Carsten Leinhäuser hat die Internet-Aktion „#mutwillig segnen“ initiiert. „Lasst uns mutwillig segnen! Wenn Ihr Paare kennt, die aufgrund Ihrer Sexualität ausgegrenzt werden, macht Ihnen Mut. Sagt Ihnen, dass Gott sie liebt. Lasst uns konstruktiv werden und der Welt und der Kirche zeigen, dass es auch anders geht. Dass es möglich ist zu segnen“, fordert der ehemalige Diözesanjugendseelsorger und BDKJ-Präses Leinhäuser.

An einer bundesweiten Unterschriftensammlung eines Pfarrers haben sich Medienberichten zufolge über 2000 Menschen beteiligt – darunter viele Geistliche, die angekündigt haben, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen. Kommentar

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