Biologie Prominente Namensgeber für Arten werden vorher nicht gefragt

Nach Harrison Ford benannt: eine peruanische Schlankschlangenart.
Nach Harrison Ford benannt: eine peruanische Schlankschlangenart.

Die Bandbreite ist groß – sowohl bei der Auswahl der Stars und Sternchen, die neu entdeckten Arten ihren Namen geben, als auch bei den benamten Tieren und Pflanzen.

Eine Tausendfüßler-Art trägt den Namen des Musik-Megastars Taylor Swift, eine Mottenart erinnert wegen ihrer gelblich-weißen Schuppen an den früheren US-Präsidenten Donald Trump – und der Name der schwedischen Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg ziert nicht nur einen kleinen Käfer, sondern auch eine Schnecke und einen Frosch.

Die Biologie bietet ein weites Feld der Möglichkeiten, wenn es darum geht, neu entdeckte Arten nach Stars und Sternchen zu benennen. Meist dient eine solch publicityträchtige Namensgebung einem bestimmten Zweck. Denn wenn unter jährlich Hunderten von neu entdeckten Spinnen eine Art oder Gattung auch nach Udo Lindenberg benannt wird, steigt natürlich die Bekanntheit. Die der Art – und natürlich wird auch der Vorgang selbst häufig medial vermeldet (oft mitsamt dem Namen des Forschers).

Schema ist wichtig

Gefragt werden Prominente zuvor nicht. Ihre Namen müssen sie ungefragt für diese Werbung hergeben. Ein Entdecker muss nur einem bestimmten Schema folgen: Erst kommt die (groß geschriebene) Gattung, dann die (klein geschriebene) Art.

Ein paar Beispiele für jüngst durchgeführte „Taufen“:

  • Eine Schmetterlings-Gattung erinnert an den Bösewicht Sauron aus der Fantasy-Buchreihe „Herr der Ringe“. Warum? Wegen ihres auffälligen Musters mit schwarzen Ringen auf gelbem Grund auf den Flügeln der Tiere. Die Ringe ähneln nach Angaben des Natural History Museums in London dem alles sehenden Auge Saurons aus den Büchern von J.R.R. Tolkien. „Diesen Schmetterlingen einen ungewöhnlichen Namen zu geben, hilft dabei, Aufmerksamkeit auf diese zu wenig wahrgenommene Gruppe zu lenken“, sagt die Schmetterlings-Kuratorin des Museums, Blanca Huertas.
  • Australische Spinnenforscher haben die schwedische Kultband Abba im Namen einer Gruppe von Kugelweberspinnen verewigt. Die vierköpfige Truppe sei eine der Lieblingsbands der beiden Wissenschaftler Volker Framenau und Pedro Castanheira von der Murdoch Universität in Perth, erklärt die Hochschule dazu. „Der Gattungsname ehrt die schwedische Popgruppe Abba, deren Songs und die nachfolgenden Musicals ,Mamma Mia!’ (2008) und ,Mamma Mia – Here We Go again!’ (2018) für stundenlange Unterhaltung bei den Autoren sorgten“, heißt es in der Studie der beiden Forscher in der Fachzeitschrift „Evolutionary Systematics“.
  • Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kann auf eine nach ihm benannte Wespenart blicken: Die Wespe „Aphanogmus kretschmanni“ ist winzig klein, parasitisch und hat Stacheln am Hinterleib. „Ich finde super, dass er sich für den Naturschutz und die Biodiversität einsetzt“, erklärt Wespenentdeckerin Marina Moser die Namensfindung. Die in Tübingen gefundene und in Stuttgart erforschte Wespenart sei zudem wie der Regierungschef „ein wichtiger Baden-Württemberger“.
  • Eine Meereskrebsart trägt seit dem vergangenen Jahr den Namen der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. Die wissenschaftliche Benennung des rot gefärbten Krebses als Cherax wagenknechtae geht auf den Meerestierexperten Christian Lukhaup aus Waiblingen bei Stuttgart zurück, der das Tier bei einem Aufenthalt in Indonesien entdeckt hatte. Die Politikerin habe ihn inspiriert, entschlossen für eine bessere und fairere Zukunft zu kämpfen, begründet Lukhaup seine Namenswahl.
  • Ein Tier muss auch gar nicht mehr unbedingt lebendig sein, um an einen Promi zu erinnern. So haben Wissenschaftler das Fossil eines Vampir-Tintenfisches nach US-Präsident Joe Biden benannt. Das rund 328 Millionen Jahre alte, im US-Bundesstaat Montana entdeckte Stück sei 1988 dem Royal Ontario Museum in Kanada gespendet worden und habe dann dort lange in einer Schublade gelegen, berichtet die „New York Times“ unter Berufung auf Christopher Whalen, einen Paläontologen des American Museum of Natural History in New York. Gemeinsam mit seinem Kollegen Neil Landman gab Whalen dem Fossil den Namen „Syllipsimopodi bideni“, um Bidens Präsidentschaft zu gedenken – und weil sie von seinen Plänen, den Klimawandel anzugehen und wissenschaftliche Forschung zu fördern, ermutigt worden seien, wurde Whalen zitiert.
  • Jüngster Neuzugang bei den Namensgebern für tierische Taufen ist der Hollywood-Schauspieler Harrison Ford, bekannt durch seine Rolle als legendärer Kino-Archäologenheld „Indiana Jones“. Nach ihm wird eine im Mai entdeckte Schlangenart aus den Anden Perus mit dem wissenschaftlichen Namen „Tachymenoides harrisonfordi“ benannt. Anerkannt werde Fords Einsatz für den Naturschutz, erklärte Schlangenexperte Edgar Lehr.

Doch das ist nicht alles. „So machen wir natürlich auch ein bisschen auf die Tiere aufmerksam und auf die Tatsache, dass noch zahllose Arten unentdeckt sind“, sagt Lehr, der das Forscherteam in Peru geleitet hat.

Modell einer Wespenart, die nach Baden-Württembergs Mininisterpräsident benannt ist.
Modell einer Wespenart, die nach Baden-Württembergs Mininisterpräsident benannt ist.
Ein männlicher Meerkrebs Cherax wagenknechtae in einem Aquarium.
Ein männlicher Meerkrebs Cherax wagenknechtae in einem Aquarium.
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