Italien Kurzer Prozess für Problembär „Sonny“

Über das Schicksal der im April 2023 eingefangenen Bärin „Gaia“ wird noch vor Gericht gestritten.
Über das Schicksal der im April 2023 eingefangenen Bärin »Gaia« wird noch vor Gericht gestritten.

In aller Eile hat die Regierung der italienischen Provinz Trentino einen Bären töten lassen. Wohl um langwierige juristische Auseinandersetzungen mit Tierschützern zu vermeiden.

„Schändlich“, „grausam“, „entsetzlich“, „beispiellos“: Die Empörung war riesig, als am Dienstag durchsickerte, dass der Präsident der autonomen Provinz Trentino, Maurizio Fugatti, für M90 einen Abschussbefehl erlassen hatte und dass dieser von der Forstpolizei umgehend umgesetzt wurde. Für die Beamten war es nicht schwierig, das Tier aufzuspüren: Der Problembär trug seit Herbst ein Halsband mit Sender. „Der Zeitpunkt des Erlasses und der Ausführung lassen uns vermuten, dass die Gewehre bereits rauchten, während der Erlass unterzeichnet wurde“, argwöhnt die Tierschutzorganisation LAV. Mit der „Blitztötung“ habe die Provinzregierung verhindern wollen, dass Umweltschützer juristisch gegen den Abschussbefehl vorgehen konnten, vermutete auch die Umweltschutzorganisation WWF.

Einen Tag vor der Tötung des drei Jahre alten Bären hatte das nationale Amt für Umweltschutz und Umweltforschung (Ispra) der „Eliminierung“ von M90 zugestimmt. Es handle sich um einen Bären, der kaum Scheu vor Menschen zeige und deshalb gefährlich sei. Das Tier müsse „so schnell wie möglich entfernt werden“, schrieb das Ispra. Provinz-Präsident Fugatti blies nach der Tötung ins gleiche Horn: Der Bär sei mehrfach Menschen gefolgt, zuletzt am 28. Januar. Laut der Zeitung „La Repubblica“ näherte sich der Bär Wanderern bis auf etwa zehn Meter, bevor er wieder im Wald verschwand. Oft wurde „Sonny“ auch beim Plündern von Müllcontainern beobachtet.

Provinz-Präsident Fugatti für Tierschützer ein rotes Tuch

Der Bär wurde in der Nähe von Mezzana im Val di Sole erlegt – im gleichen Tal, in dem im vergangenen April ein Jogger von der Bärin JJ4 (auch „Gaia“ genannt) angefallen und getötet worden war. Auch „Gaia“ sollte nach dem Willen von Fugatti umgehend abgeschossen werden. Doch in diesem Fall kam es zu einem Rechtsstreit, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Die Bärin wartet in einem Freigehege immer noch auf die endgültige Entscheidung eines Richters, ob sie – wie es die Tierschützer für sie organisiert haben – in einem großen Naturpark in Rumänien den Rest ihres Lebens verbringen darf.

Im Fall von „Sonny“ hat Fugatti vollendete Tatsachen geschaffen. Der Politiker der rechtspopulistischen Lega Nord ist ein rotes Tuch für Tier- und Naturschützer in Italien. Doch in seiner Provinz genießt er großen Rückhalt; erst im Oktober wurde er im Amt bestätigt.

Härtere Strafen für das Töten von Wildtieren geplant

Die Tierschützer wollen sich mit der „illegalen Exekution“ von M90 nicht abfinden und haben angekündigt, den Provinzpräsidenten zu verklagen. „Was Fugatti getan hat, ist kurzsichtig und arrogant, eine ganz dunkle Seite in der Geschichte des Trentino“, erklärte die Abgeordnete Michela Vittoria Brambilla von der Berlusconi-Partei Forza Italia.

Brambilla, die sich im Parlament in Rom seit über zehn Jahren für mehr Tierrechte stark macht, hat einen Gesetzesentwurf eingebracht, der eine massive Verschärfung der Sanktionen für Vergehen gegen das Tierwohl vorsieht. Die Strafe für die Tötung von geschützten Wildtieren soll von bisher zwei auf sechs Jahre erhöht werden. Auch Nutz- und Haustiere sollen besser vor Qualen geschützt werden; das Aussetzen von Hunden und Katzen soll künftig mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Vorgesehen sind auch drastische Geldbußen von bis zu 30.000 Euro. Die Abgeordnetenkammer wird ab dem 19. Februar darüber beraten. Zu den Erstunterzeichnern des Entwurfs zählen Politikerinnen und Politiker aus allen Parteien – mit Ausnahme der Lega.

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