Panorama Grabscher im Grandhotel

Das 1931 eröffnete Hotel „The Dorchester“ am Londoner Hyde Park ist eine der besten Adressen in der britischen Hauptstadt.
Das 1931 eröffnete Hotel »The Dorchester« am Londoner Hyde Park ist eine der besten Adressen in der britischen Hauptstadt.

«London.» In London ist eine Spendengala zu einem Fest für Grabscher verkommen. Geschäftsmänner erlaubten sich Zudringlichkeiten gegenüber Bedienungen. Das Thema ist der Aufreger in Großbritannien. Premierministerin Theresa May sagte gestern, sie sei „angewidert“.

Was ist passiert? Am Donnerstag vergangener Woche veranstaltete der Presidents Club, ein elitärer Zusammenschluss von solventen Geschäftsleuten und einflussreichen Politikern, seine jährliche Spendengala im „Dorchester“, dem Grandhotel am Hyde Park. Es war eine „Men only“-Veranstaltung. „Black Tie“, also Smoking mit Fliege, war vorgeschrieben. 360 Herren aus Hochfinanz, Unterhaltungsbranche und Politik waren eingeladen und Damen nur als Bedienungen zugelassen. Eine Reporterin der „Financial Times“ verdingte sich als Hostess, um hinter die Kulissen schauen zu können. Was sie zu berichten hatte, entsetzt die Briten. Schon bei der Kleiderordnung für die 130 Damen fing es an. Sie sollten, so wurde ihnen vorgeschrieben, schwarze Unterwäsche tragen, darüber ein knappes schwarzes Kleid, das tief ins Dekolleté blicken ließ. Ihre Smartphones mussten die Damen abgeben. Auch hatten sie eine Verschwiegenheitserklärung zu unterschreiben. Der Grund dafür wurde offensichtlich, als der Abend begann. Denn bei der Spendengala, bei der für wohltätige Zwecke Preise versteigert wurden, kam es reihenweise zu sexuellen Übergriffen seitens der Herren. „Ich wurde mehrere Male angegrabscht“, berichtete Madison Marriage in der „Financial Times“. „Es waren Hände, die unter den Rock gingen, Hände auf dem Hintern und Hände auf den Hüften“. Der schlimmste Vorfall, den sie von einer Kollegin gehört habe, sei ein Mann gewesen, der seinen Penis aus der Hose holte. Ein anderer Gast habe eine Hostess aufgefordert, ein Glas Champagner auf ex zu trinken, ihren Schlüpfer auszuziehen und auf dem Tisch zu tanzen. „Ich habe mich wie ein Spielzeug gefühlt“, sagte eine der Damen dem britischen Fernsehsender ITV. Sie habe sich gefragt: „Passiert das wirklich?“ Das fragen sich jetzt auch viele andere im Königreich: Wie konnte es nur dazu kommen, dass es zum einen nach wie vor reine Herrenabende gibt? Und, viel schlimmer, warum gelten in diesen Kreisen Fummeleien, anzügliche Aufforderungen und exhibitionistische Akte als akzeptables Verhalten? Dabei ist der Presidents Club eine Institution, die es seit 33 Jahren gibt und die in dieser Zeit umgerechnet mehr als 20 Millionen Euro für unterprivilegierte Kinder eingesammelt hat. Allein vergangene Woche wurden 2,3 Millionen Euro gespendet. Doch das Geld will jetzt keiner mehr haben. Das Kinderkrankenhaus „Great Ormond Street Hospital“ wies beispielsweise eine Spende über 600.000 Euro zurück. Auch in die Politik spielt der Skandal hinein. Der Aufschrei der Entrüstung war so groß, dass das Grabschfest am Mittwoch Thema im Unterhaus war. Ein Berater im Erziehungsministerium musste zurücktreten, weil er ein Treuhänder des Presidents Club war. Familienminister Nadhim Zahawi, der bei dem Galadinner anwesend war, wurde scharf zurechtgewiesen, durfte aber seinen Job behalten. Und die konservative Partei von Premierministerin Theresa May als Ganzes steht in einem schlechten Licht da, weil zu den Gästen auch eine Reihe von Millionären gehören, die der Regierungspartei hohe Spenden haben zukommen lassen. Und für den Presidents Club ist der Skandal ganz fatal: Er hat sich inzwischen aufgelöst.

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