Panorama BVB-Anschlag: 14 Jahre Haft für Bombenleger

«Dortmund.» Der Attentäter, der einen Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund verübte, ist zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Das Gericht wertete die Tat von Sergej W. als versuchten Mord, was von der Verteidigung abgestritten worden war.

Regungslos, also wie fast immer während der 31 Verhandlungstage in den vergangenen elf Monaten, nahm Sergej W. den Urteilsspruch zur Kenntnis. Der Mann, der den Spielern des BVB, dem damaligen Trainer Thomas Tuchel, Betreuern, dem Busfahrer und einem Polizisten am Abend des 11. April 2017 nach dem Leben trachtete. Erst nachdem der Richter die Verhandlung geschlossen hatte, wandte sich der 29-Jährige an seine Verteidiger und sprach mit ihnen. Was er sagte, blieb offen. War er wie sein Verteidiger Carl W. Heydenreich erleichtert, dass die Kammer unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft geblieben war, die eine lebenslängliche Haftstrafe gefordert hatte? Heydenreich atmete jedenfalls durch, denn er hatte die Gefahr gesehen, dass Sergej W. tatsächlich mit der Höchststrafe belegt würde. Daher hatte er mit einem Kollegen von Beginn an die Strategie gefahren, den Vorwurf des versuchten Mordes entkräften zu wollen. Es gelang ihm nicht. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte „billigend in Kauf genommen habe, dass die Businsassen zu Tode kommen“. Sergej W. wurde des versuchten Mordes in 28 Fällen für schuldig befunden Als strafmildernd wertete der Richter, dass der Angeklagte ein Teilgeständnis ablegte. Gleich zu Beginn des Prozesses gab er zu, drei Bomben gezündet zu haben, als der Mannschaftsbus des BVB auf dem Weg zu einem Spiel gegen AS Monaco an den selbstgebauten Sprengsätzen vorbeifuhr. Marc Bartra, damals noch Profi bei der Borussia, und ein Motorradpolizist waren dabei verletzt worden. Der Anschlag, das wurde während des Prozesses aus den Aussagen von Gutachtern klar, hätte weitaus schlimmer enden können. Die Behauptung der Verteidigung, der 29-Jährige habe nur erschrecken, nicht töten wollen, wurde vom Gericht harsch zurückgewiesen. Drei Mordmerkmale sah Richter Peter Windgätter erfüllt: „Habgier, Einsatz gemeingefährlicher Mittel, Heimtücke.“ Sergej W. – Gutachter bescheinigten ihm eine Persönlichkeitsstörung, aber volle Schuldfähigkeit – hatte Optionsscheine gekauft, die bei einem stark fallenden Kurs der BVB-Aktie einen hohen Gewinn abgeworfen hätten. Der Angeklagte, so drückte es Oberstaatsanwalt Carsten Dombert aus, habe „das Betriebskapital vernichten wollen“, also die Fußballer, um reich zu werden. „Manche Spieler sind noch heute psychisch beeinträchtigt“, sagte Richter Windgätter über die Folgen des Attentats. Von „Todesangst“ sprachen manche im Zeugenstand. Matthias Ginter, der inzwischen bei Borussia Mönchengladbach spielt, sagte unter Tränen aus. Sergej W., der angeblich mit dem erhofften Gewinn seine Eltern unterstützen wollte, entschuldigte sich erst spät bei „allen Beteiligten“. Auch das wurde letztlich aber als strafmildernd gewertet. Der verletzte Polizist, noch heute dienstunfähig, erhielt 2000 Euro als Zeichen der Reue. Sergej W. wird ihm noch 18.000 weitere Euro plus Zinsen zahlen müssen. Auch Bartra und dem BVB wurde Schadenersatz zugesprochen. Sergej W., der in einem Tübinger Heizkraftwerk arbeitete, wird das Geld kaum aufbringen können, genauso wenig wie die Prozesskosten. „Wir haben hier einen gebrochenen Menschen. Er ist psychisch und wirtschaftlich zerstört“, sagte Verteidiger Heydenreich.

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