Kommentar Enkeltrick und Schockanruf: Die Opfer sind nicht „selber schuld“

Die älteren Menschen werden von den Betrügern „überrumpelt“, sagt die Polizeichefin von Berlin. Und sie fügt an: „Finanziell, ab
Die älteren Menschen werden von den Betrügern »überrumpelt«, sagt die Polizeichefin von Berlin. Und sie fügt an: »Finanziell, aber vor allem auch psychisch, gehen manche von ihnen daran zugrunde.«

Man kann zwar nicht genug vor Telefonbetrügern warnen, aber genauso wichtig ist es, eine knallharte Tatsache anzuerkennen: Viele Menschen sind irgendwann so alt, dass sie den Tätern am Telefon einfach nichts mehr entgegenzusetzen haben.

Es besteht die Gefahr, dass Sie es gar nicht mehr lesen wollen. Dass Sie die Warnungen vor dem Enkeltrick oder dem Schockanruf, die es fast jede Woche in die Meldungsspalten der Zeitung schaffen, satt sind.

Die Polizei wird nicht müde, auf allen Kanälen zu warnen vor den internationalen Betrügerbanden, Tipps zu geben mit Theaterstücken in Altersheimen, mit Präventionskursen, auf Internetseiten und in Broschüren. Denn das Problem ist: Man kann gar nicht genug warnen vor einem der sozialschädlichsten Verbrechen unserer Zeit. Es trifft die womöglich verletzlichste Gruppe der Gesellschaft, die noch dazu ständig anwächst: alte Menschen. Menschen, die durch das Geschick der Betrüger oft ihr gesamtes Erspartes verlieren.

Man kann aber auch nicht häufig genug darauf hinweisen, dass es eben nicht die Unwissenheit oder gar die Dummheit der Senioren ist, die das Zig-Millionen-Geschäft Enkeltrick zur Boombranche der Verbrecherwelt macht. Mittlerweile ist auch der Polizei klar: Der ständige Verweis auf die eigene intensive Präventionsarbeit ist ein zweischneidiges Schwert. Man kann zwar nicht genug warnen, aber genauso wichtig ist es, dass eine knallharte Tatsache allgemeine Anerkennung findet: Viele Menschen sind irgendwann so alt, dass sie den Tätern am Telefon einfach nichts mehr entgegenzusetzen haben – ganz egal, ob sie in ihrem früheren voll leistungsfähigen Leben von den Tricks und den miesen Maschen gehört haben.

Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat es im Dezember nach einem erfolgreichen internationalen Großeinsatz gegen die Verbrecher so formuliert: „Beim Enkeltrick handelt es sich um eine besonders perfide Form der Kriminalität, da sie sich vor allem gegen ältere Menschen richtet. Diese älteren Menschen werden überrumpelt (...). Finanziell, aber vor allem auch psychisch, gehen manche von ihnen daran zugrunde.“

Allerhöchste Zeit, endlich die einfachsten Maßnahmen zu ergreifen, mit denen man sich, so gut es eben geht, schützen kann. Dazu zählt, eine neue Festnetz-Telefonnummer zu beantragen, wenn man noch eine drei-, vier- oder fünfstellige alte benutzt. Und raus aus dem Telefonbuch! Dort finden die Betrüger ihre Opfer. Dass man die neue Nummer Freunden und Familie mitteilen muss, ist ein wahrhaft kleines Übel gegenüber dem ganz großen: Dass man sich irgendwann einmal, wenn man vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist, nicht mehr wehren kann, wenn die Betrüger in der Leitung sind. Denken Sie daran.

Den aktuellen Hintergrund zum Thema aus der RHEINPFALZ an SONNTAG lesen Sie hier: Festnahmen in der Enkeltrick-Szene: Es wachsen immer neue Köpfe nach

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