Zweibrücken Zwei Tage mit klasse Jugendhandball

Zweibrücken. 30 Sekunden Spielzeit standen gestern noch auf der Uhr im Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft zwischen den B-Junioren des SV 64 Zweibrücken und TuSEM Essen, 19:21 lag der SV zurück. SV-Torwart Alessandro Lehr, ein Vater des 27:22 (11:13)-Erfolgs gegen die SG Ottenheim/Altenheim tags zuvor, parierte zum wiederholten Mal. Kian Schwarzer holte den Abpraller, passte im Fallen sensationell übers gesamte Feld auf Tom Grieser, der per Kempa-Trick auf 20:21 verkürzte. Jubel, offensive Deckung, Ballgewinn – und Leo Herrmann traf zum 21:21 (11:12)-Endstand.

Die Ignaz-Roth-Halle wurde zum Tollhaus, Zweibrücken jubelte: dem scheinbar übermächtigen TuSEM gezeigt, dass in Zweibrücken richtig guter Handball gespielt wird, Punkt gewonnen. Mit einigen Sekunden Verspätung setzte auch der Essener Jubel ein. Denn nach dem zweiten von drei DM-Spieltagen und dem gestrigen Ergebnis steht fest: TuSEM Essen hat sich vorzeitig für das Final-Four-Turnier qualifiziert. „Wir mussten erst noch mal überlegen, bis klar war, dass der direkte Vergleich zählt“, bekannte Essens Trainer Marvin Leisen. Unterm Strich war er sich mit Zweibrückens Trainer Tony Hennersdorf einig: „Ein gerechtes Ergebnis“ am Ende eines Klasse-Spiels. „Wir haben in der Abwehr gut gestanden, hatten einen sehr stark haltenden Julian Borchert im Tor“, resümierte Leisen. Hennersdorf haderte etwas, weil ein Schlag ins Gesicht von Grieser in der Schlussphase nicht mit einer Zwei-Minuten-Strafe geahndet wurde. „In Überzahl, wer weiß…“, sagte er und bekannte dann: „Ich bin mächtig stolz auf meine Mannschaft“. Die betrieb an beiden Tagen Werbung in eigener Sache und für den Jugendhandball. Im dritten Vergleich mit TuSEM zeigten sie, nach zuvor zwei klaren Niederlagen, dass sie in dieser Viertelfinalrunde spielerisch und mental wieder einen Riesenschritt nach vorne gemacht haben. Bestes Beispiel: Lennart Hugo, der kleine SV-Rechtsaußen, der zum 19:19 (44.) in den kurzen Winkel traf. Obwohl der SV in Unterzahl spielte. Von Beginn an entwickelte sich eine ausgeglichene Partie. Essen war stark auf Grieser fokussiert. Dessen Rückraumkollegen Leo Herrmann und Niklas Bayer hatten am Tag zuvor gegen Ottenheim/Altenheim aber sichtlich Selbstvertrauen getankt. 1:0 Grieser ausnahmsweise vom Kreis, 2:0 Linkshänder Bayer mit Klasse-Bewegung im Rückraum, 3:1 durch Herrmann. Der SV 64 wollte das schwache Hinspiel vergessen machen und mit einem Quäntchen Glück das Rennen um den Final-Four-Platz offen halten bis zum letzten Viertelfinalspieltag. „Natürlich drücken wir den Zweibrückern jetzt die Daumen“, hatte am Tag zuvor Ottenheim/Altenheims starker Spielmacher Frederik Simak nach der Niederlage der SG gesagt. „Wir wussten, dass Zweibrücken eine gute Mannschaft hat und haben sie ganz sicher nicht unterschätzt“, ergänzte der Jugend-Nationalspieler, der vor den Augen von Bundestrainer Christian Schwarzer stark spielte. Das reichte am Samstag in der Westpfalzhalle aber nicht, um einen in der Schlussviertelstunde wie entfesselt aufspielenden SV 64 zu schlagen. Torwart Alessandro Lehr war neben Tom Grieser der überragende Mann. „Ich hatte eine gute Abwehr vor mir, da kann man gut halten“, gab „Ale“ die Komplimente, die er nach dem Schlusspfiff verdientermaßen entgegennahm, ans Team zurück. Aber er machte mit Glanzparaden eben auch einige so genannte hundertprozentige SG-Chancen zunichte. „Ist halt so: Wenn man zwei, drei Bälle hält, dann steigt das Selbstvertrauen“, sagte er. Dieses Selbstvertrauen gab er, genau wie Tom Grieser, an die Teamkollegen weiter. Grieser erwies sich als echter Kapitän: Er übernahm nicht nur Verantwortung bei den Würfen, sondern munterte seine Nebenleute immer wieder auf, als es in der Anfangsphase noch nicht rund lief. „Auf, weiter, Kopf hoch“, forderte er mehrmals, verteilte aufmunternde Klapse. „Wir wollten heute zeigen, dass wir gut spielen können, und das haben wir getan“, freute sich Grieser am Samstag über die gute SV-Leistung, die gestern kurzerhand wiederholt wurde.

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