Zweibrücken Melanchthonheim kämpft ums Überleben

Das Melanchthonheim in der Zweibrücker Herzogvorstadt.
Das Melanchthonheim in der Zweibrücker Herzogvorstadt.

Einst ein Internat, dann ein Studentenwohnheim, beherbergt das Melanchthonheim heute sozial schwache Menschen. Dieter Oberkircher ist der Vorsitzende des Melanchthonvereins, der die Geschicke des Hauses lenkt. Das ist nicht immer leicht.

Um das Melanchthonheim an der Ecke Herzogstraße/Hofenfelsstraße und seine Bewohner kümmert sich das Ehepaar Ingeborg und Dieter Oberkircher. „Das Haus hat einen anderen Charakter bekommen. Es ist jetzt kein Schüler- und Studentenheim mehr, es ist jetzt ein Haus, eine Heimstätte, für Menschen, die es schwer haben im Leben“, sagt Ingeborg Oberkircher. Ihr und ihrem Mann sei es „ein großes Anliegen, Menschen zu helfen, wieder in die Gesellschaft hineinzufinden“. Ihr Mann sei sehr oft dort, um mit den Leuten zu reden. So auch zum Zeitpunkt des Gesprächs, das die RHEINPFALZ mit Ingeborg Oberkircher führte.

Neben Menschen aus Eritrea, die einer Arbeit nachgingen und gut integriert seien, wohnten überwiegend junge deutsche Männer in dem Haus, die nicht mehr zuhause bei den Eltern leben können, rausgeworfen wurden, vor dem Nichts standen, denen Obdachlosigkeit drohte. Die Mieten würden größtenteils vom Jobcenter bezahlt. Oberkircher: „Wir sind so aufgestellt, dass wir sagen: Wir helfen, dass Menschen wieder ein Dach über dem Kopf haben und behütet sind.“ Das sei manchmal nicht so einfach.

Alle Zimmer sind vermietet

„Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass hier sozial schwache Menschen leben, Menschen mit sozialen Problemen. Oft auch Leute, die ihre Arbeit verloren haben“, fasst Oberkircher zusammen. Zimmer würden aber auch an Auszubildende vermietet und immer mal wieder an Praktikanten von John Deere. „Alle Zimmer sind vermietet. Die Nachfrage ist groß, das spricht sich rum, wir werden ständig angerufen“, sagt Oberkircher. Das Haus hat 23 Einzelzimmer und zwei Wohngemeinschaften.

Keinen Hehl macht Oberkircher daraus, dass das Ende des 18. Jahrhunderts erbaute Haus, das zum Ensemble der herzoglichen Vorstadt gehört, dringend saniert werden müsste. Alleine, es fehlten die Mittel. Die Mieteinnahmen reichten gerade so aus, um den Status quo zu erhalten. Die Mieten seien sehr niedrig, auch, weil die Zimmer bis auf die beiden Wohngemeinschaften keine Nasszellen hätten. Der Mitgliedsbeitrag des rund 75 Personen zählenden Melanchthonvereins sei auch „so gering, dass man damit keine großen Sprünge machen kann“. Ein Raum sei an den Schachclub vermietet für seine Zusammenkünfte, weitere externe Mieter gebe es nicht. Einen Hausmeister und eine Putzfrau beschäftige der Verein auf Minijob-Basis, erklärt Oberkircher.

Keine Unterstützung von Stadt oder Kirche

Unterstützung erhalte der Verein keine, weder von der Kirche noch von der Stadt. Geregelt sei, dass das Haus an die Landeskirche gehe, „wenn mein Mann und ich das nicht mehr schaffen, wenn wir schließen müssen“. Noch fühlten sie sich rüstig genug, „um das stemmen zu können“, so Oberkircher. Weitere Mitglieder des Vereins unterstützten sie, „soweit ihnen das möglich ist“. Der Verein fährt laut Oberkircher dieses Jahr zum 45. Mal zur Erholungs- und Studienreise nach Borgio-Verezzi in Italien in eine Pension der Waldensischen Kirche. „Ein paar Plätze sind noch frei“, wirbt Oberkircher. Die ehemalige Oberstudienrätin ist 76, ihr Mann, Dekan im Ruhestand, 81 Jahre alt.

Geschichte des Melanchtonheims

Der 1925 gegründete Melanchthon-Hauptverein in Speyer kaufte das Gebäude in der Herzogstraße 10 in Zweibrücken Mitte der 20er-Jahre. Zuvor war es im Besitz der Familie Schwinn. Das Haus eröffnete mit 15 Schülern, wurde im Krieg wieder geschlossen und nach dem Krieg als Notunterkunft und Pädagogium für Mädchen fortgeführt. 1953 eröffnete es erneut mit 17 Schülern. Ein klassisches Internat, in dem die Schüler auch unterrichtet werden, war es aber nie, sondern ein schulbegleitendes Studienheim. 1965 kam ergänzend zum Internat eine Schülertagesstätte hinzu. Mit Mitteln der evangelischen Kirche der Pfalz wurde das Haus 1993/94 grundlegend saniert.
Als die Schülerzahlen für das Internat weiter zurückgingen, und nicht mehr ausreichten, um den Betrieb wirtschaftlich zu führen, entschloss man sich 2006 für die Schließung und die Umwidmung in eine Wohnstätte für Studenten, Schüler und Auszubildende. Das funktionierte zunächst ganz gut, doch nicht zuletzt sorgten gestiegene Ansprüche von Studenten und neue Wohnheime an der Fachhochschule für einen Rückgang der Belegung, wie Oberkircher sagt. Nun kommen in erster Linie sozial schwache Menschen in dem Heim unter. Derzeit sind alle Zimmer belegt; die Nachfrage ist groß.

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