Zweibrücken „Laut und schaurig schön“

Mit einem Tom-Waits-Tribute-Programm setzt der Kulturschuppen in Vinningen seine Konzertreihe heute, Samstag, um 20 Uhr fort. Musikalischer Gast ist Holger Görrißen aus Kandel, mit dem sich unser Redakteur Christian Hanelt unterhielt.

Sie leben in Kandel, gar nicht so weit weg von Pirmasens, und doch hat es Sie noch nie hierhin verschlagen. Woran lag’s?

Ich suche mir die Locations, bei denen ich mich bewerbe, aufgrund von Berichten in der Presse und im Internet aus. Daneben kommen auch Veranstalter, die von meinem Tribute-Programm erfahren haben, auf mich zu. Da ich die Musik nur nebenbei betreiben kann, schicke ich relativ wenige Bewerbungen pro Monat raus. Vor diesem Hintergrund hat es mich bisher noch nicht in Ihre Region geführt. Sie widmen sich als Jurist einer vermeintlich trockenen Materie. Ist da die Musik ein gewisser Ausgleich? Ja, die Musik ist auf jeden Fall ein guter Ausgleich, wobei die juristische Materie gar nicht so trocken ist, wenn man – wie ich – als Justiziar in einem Unternehmen eine Fülle an verschiedensten Bereichen betreut. Bei der Musik von Tom Waits – und auch bei der Arbeit an eigenen Songs – kann ich völlig abschalten. Skizzieren Sie bitte Ihre musikalische Vita. Musikalische Früherziehung ab frühester Kindheit, Orgelunterricht vom siebten bis zum 19. Lebensjahr. Dann habe ich mir ein E-Piano gekauft und mit dem Singen angefangen: Joe Cocker, Westernhagen ... Mit Anfang 20 habe ich auch Jazz gespielt, bis hin zur ganz freien Improvisation. Später kam dann das Akkordeon dazu. Wie kamen Sie auf die Idee zu einem Tom-Waits-Programm? Während meines Studiums hörte ich das erste Mal Tom Waits in einem Jim-Jarmusch-Film. Seitdem war es in musikalischer Hinsicht um mich geschehen. Ich habe in Frankfurt ein Performance-Programm mit viel Waits-Musik entwickelt und bin damit aufgetreten. Wegen Beruf und Familie bin ich dann einige Jahre musikalisch kürzer getreten. Ende 2012 hat mich dann aber wieder das Bühnenfieber ergriffen – und seitdem bin ich mit dem aktuellen Waits-Tribute-Programm unterwegs, das sich jedoch von Konzert zu Konzert weiter entwickelt. Haben Sie Waits schon einmal live erlebt und haben Sie versucht, sich mit ihm in Kontakt zu setzen? Ich habe Waits leider noch nicht live erlebt, sondern lediglich Videos von Live-Auftritten gesehen. Ich habe auch noch nicht versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Vielleicht auch deshalb, weil ich befürchte, dass der Mythos und der Zauber dadurch Schaden nehmen könnte. Was würden Sie ihn gerne fragen? Ich würde ihn fragen, wie er seine Stimme auf ein Konzert oder auf eine Konzerttournee vorbereitet. Klar ist für mich, dass er das machen muss, um auch weiterhin überhaupt singen zu können – das würde bei mir also keinen Mythos zerstören. Gibt es für Sie Schwerpunkte in Waits Schaffen, deren Sie sich annehmen? Nein, keine Schwerpunkte. Mich begeistert, dass er gleichermaßen fantastische Balladen, Folksongs und Rocksongs erschafft und präsentiert, und das mit einer Authentizität, oder besser: einer Wahrhaftigkeit, die ihresgleichen sucht. Auch wenn ich eigene Interpretationen der Songs präsentiere, versuche ich, das rüberzubringen. Sehen Sie sich beim Songschreiben auch in der Tradition von Waits? Ja, die Musik und die Texte von Waits haben großen Einfluss auf meine eigenen Songs. Gerade die bildhaften Texte und die teilweise sehr einfachen Harmonien wie „Time“, „Downtown Train“ und „Tango ’til They′re Sore“ oder die sehr raffinierten wie „Broken Bicycles“ und „Invitation to the Blues“ haben es mir angetan. Daneben dürfte es eine Vielzahl weiterer Einflüsse geben, die ich gar nicht benennen kann. Letztendlich werden alle Eindrücke, denen ein Mensch ausgesetzt war, vom musischen Zentrum verarbeitet und fließen in die eigene Musikalität ein. Ich bin mir sicher, dass Literatur und bildende Künste sich auf die Musikalität auswirken, genauso wie der Lebensweg. Worum geht es in Ihren Liedern? Ich baue gerade eine Songreihe unter dem Titel „The William Series“ auf. Die ersten beiden Songs „Frozen in Blood“ und „You Scream“ sind bereits fertig und als Videos auf meiner Website. Darin geht es grob gesagt darum, wie wir uns mit uns selbst auseinandersetzen, sowie um die dunkleren Seiten in uns. Bitte nennen Sie drei Gründe, zum Konzert zu kommen. Die genialen Songs des 2011 in die Rock’n’Roll Hall of Fame aufgenommenen Tom Waits und eine markante Reibeisenstimme, die mal laut röhrt, wild bellt und dann wieder schaurig schön melancholisiert. Und drittens eine mit Herzblut dargebotene Gesamtperformance, die abseits des Musik-Mainstreams steht.

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