Zweibrücken Ich bin der Meinung, dass ...

Wie es sich für eine Spitzenmeldung gehört – so nennen wir in der Redaktion die Nachricht oben links auf der Titelseite des Lokalteils –, war sie kurz und knapp, aber gehaltvoll. Tchibo bleibt in der Fußgängerzone, lautete die Nachricht in der Spitzenmeldung vom 2. Juli. Eine kurze Meldung zwar, aber mit großer Bedeutung. Denn das heißt ja nichts anderes, als dass es den vielbeklagten allgemeinen Niedergang des Einzelhandels so gar nicht gibt. Im Gegenteil: Geschäfte, die gut sind, halten sich. Läden, die sich auf die Bedürfnisse ihrer Kundschaft einstellen, verdienen ihr Geld. Der Einzelhandel stirbt nicht zwangsläufig aus. Noch vor einem Jahr hatte ein Sprecher der Tchibo-Zentrale in Hamburg gesagt: „Die Filiale trägt sich nicht.“ Sie werde deshalb im August 2014 aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Jetzt haben wir bald August und siehe da: Die Situation hat sich grundlegend geändert. Die Tchibo-Filiale rentiert sich für den Konzern wieder. Zwei Gründe nennt der Sprecher des Unternehmens. Erstens wirke sich die Erneuerung der Fußgängerzone positiv aus. Zweitens hätten die beiden Mitarbeiterinnen die Ertragslage verbessert, sprich: mehr verkauft. Wer die beiden Damen kennt, kann sich das lebhaft vorstellen. Jeder Händler, der solches Personal hat, kann sich glücklich schätzen. Freundlich, immer einen Scherz auf den Lippen, aber auch einfühlsam und beratend, wenn’s nötig ist. „Wäs ich net“, „schunn all“, „kä Ahnung“, „kä Zeit“, „hannses net kläner?“ – solche Abtörner sind in dem Tchibo-Lädchen nicht zu hören. Derartige Floskeln verschwinden so langsam auch aus den anderen Läden und Wirtschaften der Fußgängerzone. Denn damit hält man keine Kundschaft. Die Entscheidung der Tchibo-Zentrale in Hamburg belegt aber auch, erstmals mit einem harten Faktum, dass sich die Erneuerung und Verschönerung der Fußgängerzone für Zweibrücken auszahlt. Sie ist so attraktiv geworden, dass Unternehmen ein Vorhaben wie eine lange geplante Schließung über den Haufen werfen. Mit anderen Worten: Der Umsatz muss enorm angezogen haben, seit die Einkaufsmeile in neuem Glanz erstrahlt. Die Entscheidung von Tchibo kann wie ein Signal wirken: Wer mit dem richtigen Konzept in der Zweibrücker Innenstadt einen Laden oder einen Gastronomiebetrieb eröffnet, der hat Erfolg, der liegt richtig. Nach den Behörden und Banken ziehen sich auch die Krankenkassen aus der Fläche zurück. Mittelgroße Städte wie Zweibrücken leiden besonders darunter, weil die Einrichtungen ihre Zweigstellen eher in etwas größeren Städten konzentrieren – zum Beispiel in Pirmasens, Kaiserslautern oder Saarbrücken. So zieht sich jetzt die Krankenkasse Barmer/GEK aus der Stadt zurück. Für die Versicherten bedeutet das einen herben Verlust. Denn das freundliche und kompetente Personal steht vor Ort von heute auf morgen einfach nicht mehr zur Verfügung. Der Versicherte muss in die Nachbarstadt fahren oder anrufen, aber wird er dort jemals wieder seinen Berater, dem er seit Jahren vertraut, erreichen? Die AOK geht einen anderen Weg. Auch sie hat in den vergangenen Jahren viel Personal aus Zweibrücken abgezogen. Aber statt ganz dichtzumachen, verkleinert die AOK ihre Geschäftsstelle nur und zieht an den Rand der Fußgängerzone. Auch das ist ein doppeltes Signal. Erstens: Siehe da, wir bleiben. Zweitens: Die Fußgängerzone ist auch für uns sehr attraktiv.

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