Zweibrücken Hochemotional

„So voll hab’ ich die Alexanderskirche noch nie erlebt“, staunte ein Besucher: Über 500 Zuhörer waren am Sonntag gekommen, um das Herbstkonzert des Zweibrücker Kammerorchesters mit dem Saarbrücker Haydn Quartett und der Geigerin Johanna Ruppert zu erleben.

Die Komposition „Crisantemi“ von Giacomo Puccini, die er später in seiner Oper „Manon Lescaut“ verwendete, bildete den Rahmen des Konzertes. Die weichen Phrasierungen und Legati des elegischen Themas, die sich zu einer Klangschönheit von nahezu schmerzlicher Eindringlichkeit steigerten, beschworen die Stimmung des Totenmonats November, auf den sich der Titel des Werkes bezieht – Chrysanthemen gelten in Italien als Totenblumen. Die Instrumente schienen Töne zu weinen, hochemotional und expressiv gestalteten die Streicher die dramatischen Entwicklungen dieses Stimmungsbildes. Mozarts Violinkonzert A-Dur KV 219 zeichnete sich in der Interpretation des Zweibrücker Kammerorchesters unter der differenzierten Leitung von Bernd Wilms durch die schwerelose Leichtigkeit aus, mit der die silbrigen Orchesterklänge in nahezu unirdischer Klarheit durch den Raum schwebten. Die federnde Eleganz des Spiels und die klar umrissenen Themen ließen ein plastisch-vibrierendes Klangbild entstehen. In diesen beeindruckenden Vortrag fügte sich das Spiel von Geigerin Johanna Ruppert bruchlos ein. Neben ihrer bestechend klaren, weichen Intonation und fulminanten Geläufigkeit begeisterte die Musikstudentin durch große Expressivität, die vor allem die melodiösen Aspekte ihres Solos auszeichnete. Edle Klänge voll verhaltener Dezenz in sicheren Tempi und klarer Tongebung präsentierte das Orchester im langsamen zweiten Satz. Die Stilzitate der barocken Seufzer-Motive harmonierten wunderbar mit dem träumerisch-elegischen Solopart von Johanna Ruppert. Lautmalerische Effekte in den tiefen Celli, die an Sturmesbrausen erinnerten, brachten fesselnde dramatische Akzente und fremdartig anmutende Harmonien in den schnellen Schlusssatz. Spannung entstand auch durch die fallenden chromatischen Glissandi der Streicher, die dem Werk einen farbigen Klangcharakter verliehen. Der tosende Beifall der Zuschauer würdigte die hervorragende und zutiefst berührende Interpretation. Mitreißend war auch Mozarts Sinfonie Nr. 34 in C-Dur KV 338: Die Eindringlichkeit, mit der das Zweibrücker Kammerorchester das Thema des Allegro vivace gestaltete, unterstrich seinen Festmarsch-ähnlichen Charakter. Steigerungsprozesse gestalteten die Musiker mit großer Artikulations- und Ausdrucksvielfalt. Einen zauberhaften Kontrast dazu bildeten die ätherisch-schwebenden Klänge des poetisch-kantablen Mittelsatzes. Hier verband sich eine erstaunliche Präzision mit seelenvollem Ausdruck: Jede Note saß, die Musiker erlebten mit, was sie spielten. Tänzerisch-rasant und mit markanten Akzenten gestaltete das Orchester das Finale, das an eine jubilierende Hymne erinnerte. Auch hier zeichnete sich das Spiel der Musiker durch den vibrierenden Spannungsreichtum aus, mit dem sie unter dem zügigen, zupackenden Dirigat von Bernd Wilms Entwicklungen gestalteten. Zum Abschluss erklangen noch mal die „Crisantemi“. „Puccini wollte ich immer schon mal machen, und durch die Verwendung der „Crisantemi“ in der Oper „Manon Lescaut“ nach der Novelle von Abbé Prévost aus dem 18. Jahrhundert besteht ein thematischer Bezug zur Zeit Mozarts,“ begründete Bernd Wilms die Programmgestaltung. „Die Emotionalität Puccinis bildet einen spannenden Kontrast zu der für Mozart so typischen Mischung aus Frivolität und ganz großer Tiefe“, fügte er hinzu.

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