Die Wochenend-Meinung Es fahren keine Busse? Das ist eine billige Ausrede!

Zu Monatsbeginn hat ein neues Unternehmen den Busverkehr im Zweibrücker Land übernommen und die Anzahl der Fahrten erhöht.
Zu Monatsbeginn hat ein neues Unternehmen den Busverkehr im Zweibrücker Land übernommen und die Anzahl der Fahrten erhöht.

„Aufm Dorf bringt mir das 9-Euro-Ticket aber gar nix! Hier fahren ja keine Busse.“ Hab’ ich diese Woche wieder gehört. Vor allem das mit den Bussen höre und lese ich immer wieder. Es stimmt aber nicht. Ich behaupte dagegen: Die Leute wissen gar nicht, wann die Busse fahren und wie viele. Sie wollen nämlich gar nicht den Bus benutzen, weil sie lieber Auto fahren. Dafür gibt es sicher Gründe – einige gute, einige weniger gute. Aber zu behaupten, es würden keine Busse fahren, ist eine billige Ausrede.

Zu Monatsbeginn erst hat ein neues Unternehmen den Busverkehr im Zweibrücker Land übernommen und die Anzahl der Fahrten erhöht. Zwar meist nur um ein oder zwei Busse pro Linie, aber dadurch wurden Lücken geschlossen, sodass Wartezeiten von zwei Stunden nun oft wegfallen.

Auch am Wochenende braucht man kein Auto

Noch viel bemerkenswerter: Der Landkreis hat im Juli die Anzahl der Anruf-Sammeltaxi-Fahrten um 50 Prozent erhöht. Aus 600 möglichen Fahrten wurden 900. Selbst an Wochenenden, wo keine Busse fahren, kommt man damit von morgens bis abends aus jedem Dorf in die Stadt und zurück – meist alle zwei Stunden. Ein Beispiel: Wer in Biedershausen und Knopp-Labach wohnt, kann samstags um kurz vor acht, kurz vor elf, kurz vor eins, kurz vor drei, kurz vor fünf und kurz vor sieben ein Ruftaxi nach Zweibrücken anfordern. Dafür zahlt man nicht den Taxipreis, sondern den Preis fürs Busticket. Mit dem 9-Euro-Ticket zahlt man gar nichts extra.

Wer nicht Bus oder Ruftaxi fahren möchte, kann den Zug nehmen, selbst wenn er nicht an einer Bahnlinie wohnt. Auch hier ein Beispiel: Von Maßweiler nach Zweibrücken sind es 17 Kilometer, an den Bahnhof in Rieschweiler nur viereinhalb. Wer ab dort den Zug nimmt, spart am Tag 25 Kilometer. 500 im Monat. Das lohnt sich sogar, wenn das 9-Euro-Ticket nicht mehr gilt. Für weitere Strecken, etwa nach Landau oder Saarbrücken, erst recht.

Busfahren ist halt weniger sexy als der neue BMW

Zugegeben: Es ist deutlich bequemer, das Auto zu nehmen; nicht noch ein Stück laufen zu müssen; unabhängig von Fahrplänen und Verspätungen zu sein; seine Musik hören zu können, vielleicht noch zu rauchen. Man hat sicher seinen Sitzplatz und muss sich nicht die Gespräche anderer anhören. Und während man das Ruftaxi eine Stunde vorher anfordern muss, steigt man beim Auto ein und fährt los. Auf der anderen Seite ist aber vieles auch vorher planbar, und die Zeit im Zug und im Bus lässt sich nutzen, etwa um zu lesen. Während der Wartezeit kauft man eben ein oder erledigt andere Dinge. Man kann also durchaus öfter auf Bus und Bahn umsteigen. Man muss es aber wollen. Ich versteh’ ja, dass jemand, der einen neuen BMW in der Garage stehen hat, Busfahren eher unsexy findet. Aber dann möge er es bitte nicht auf das mangelnde Angebot schieben, denn das ist nicht so schlecht, wie viele denken.

Zwei Beispiele: Vor vier Wochen trafen sich die Wiesbacher, um sich Gedanken zumachen, wie sie ihr Dorf fit machen für die Zukunft. Dabei schrieben sie auch auf, was gut ist in ihrem Dorf und was schlecht. Als eine Schwäche wurde das ÖPNV-Angebot genannt. Ich unterstelle mal: Viele Wiesbacher wissen gar nicht, dass sie samstags siebenmal, sonntags sechsmal mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Zweibrücken kommen.

Mehr Busse? Die fahren doch schon

Ein zweites Beispiel: Eine ähnliche Veranstaltung wie in Wiesbach gab es 2014 in Walshausen. Auch dort wünschten sich die Dorfbewohner eine bessere Busanbindung. Genau die hatten sie aber ein halbes Jahr zuvor bekommen. Vom Nachmittag bis in den Abend fuhr jede Stunde ein Bus zwischen Walshausen und Zweibrücken.

Das Angebot ist also durchaus da. Man muss es nur annehmen. Und nicht mutwillig schlechtreden.

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