Zweibrücken Entlarvend

Wenn man als Sozialarbeiterin, Pädagogin oder Ärztin arbeitet, dann braucht man unbedingt einen Ausgleich zum stressigen Berufsalltag. Fünf Frauen haben den gefunden und dafür das „Homburger Frauenkabarett“ gegründet. Aus dem Hobby ist ein durchaus professionelles Unterfangen geworden, wie man am Freitag im Homburger Saalbau erleben konnte.

Wie nicht anders zu erwarten, war der Saal bis auf den letzten Platz ausverkauft. Rund 700 Kleinkunstfreunde konnten erleben, was die fünf illustren Kabarettistinnen unter dem Titel „Die Bedenken sind frei“ verstehen. Die Zeiten, in denen nur wenige Männer das Homburger Frauenkabarett besuchten, sind übrigens längst vorbei. Denn im Saal befand sich ein beinahe ausgeglichener Geschlechtermix aus allen Altersgruppen, von 16 bis 86. Um es gleich vorweg zu sagen: Enttäuscht wurde sicher niemand. Denn es folgten fast drei Stunden beste Unterhaltung mit viel Schwung und Tempo. Und mit durchaus hohem Anspruch. Denn wenn die fünf Frauen auf der Bühne alles waren, unpolitisch sicherlich nicht. Um ihre ungeschminkten Botschaften an ihr Publikum zu bringen, schlüpften sie in die unterschiedlichsten Rollen. Dabei war es gleich, ob diese männlich oder weiblich waren. Etwa, wenn die Gesprächsrunde von Günther Jauch (Heidi Hennen), Bundespräsident Joachim Gauck (Birgit Schöndorf) und Oskar Lafontaine (Silke Müller) gerade durch nichtssagende Plattitüden das ganze Elend der Medienwelt entlarvte. Salbungsvolle Worte und völliges Desinteresse prallten aufeinander, was den Moderator völlig aus der Fassung brachte. Mit der Synchronisation fremdsprachiger Filme und Fernsehsendungen ist die deutsche Medienlandschaft sehr erfolgreich, wie Birgit Schöndorf an anderer Stelle bemerkte. Zum Beweis durften die Zuschauer im Saalbau Zeuge dreier Aufnahmen werden. Verblüffend, dass man dieselben, völlig sinnfreien Sätze sowohl bei der Sitcom (mit Lacheinspielungen), beim Thriller (mit bedrohlichem Unterton) und beim Liebesfilm (höchst emotional) sagen kann. Mancher hat nach dieser Nummer sicher beschlossen, seinen Fernsehkonsum einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Brisante Themen der Politik und viel Provokantes zur Rolle von Mann und Frau waren an diesem Abend zu hören und zu sehen. Etwa, wenn Ursula Pfeiffer-Anslinger beschloss, von der grauen Maus zum It-Girl zu mutieren. Mit blonder Perücke, Stringtanga und Push-up-BH stöckelte sie am Ende auf High Heels von der Bühne. Als lächerliche Gestalt, aber offensichtlich glücklich. Andere Frauen versuchen, sich bis zur endgültigen Erschöpfung selbst zu verwirklichen – so die Botschaft. Heidi Hennen gab hierfür ein glänzendes Beispiel. Keine Sekunde Pause gönnte sie sich, um alle vermeintlichen Erwartungen zu erfüllen. Von Fitness bis Meditation, der Tag ist gefüllt mit eigentlich sinnlosen Aktivitäten, die verhindern, sich mit den wirklich wichtigen Dingen auseinanderzusetzen. Männer dürften als ritterliche Retter wohl ausfallen, außer, wenn sie als Schokoladenweihnachtsmann auftauchen. Doch am Ende sind selbst die nur ehemalige Osterhasen. Die fünf Frauen stimmten ein lustiges Lied auf die feierfreudigen Deutschen an. Doch statt guter Laune stehe bei allen Festlichkeiten am Ende doch der Alkohol an erster Stelle, erfuhren die Zuschauer. Bemerkenswert, dass Heidi Hennen, Silke Müller, Gisela Walter, Ursula Pfeiffer-Anslinger und Birgit Schöndorf nicht nur inhaltlich überzeugten, sondern auch bei Gesang und Bewegung professionelle Leistungen boten. Das war sicher auch der ebenso geschickten wie konsequenten Regie von Thomas Engel zu verdanken, der alle Talente des Ensembles hervorzulocken wusste. Ein viel bejubelter Abend, der Spaß machte und über den man noch eine lange Zeit nachdenken wird.

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