Zweibrücken Ein Ruf aus einer anderen Welt

Beeindruckend sang der Oratorienchor Pirmasens, während Jan Hennig (vorne) Harmonium spielte.
Beeindruckend sang der Oratorienchor Pirmasens, während Jan Hennig (vorne) Harmonium spielte.

In seinem Sommerkonzert begeisterte der Oratorienchor Musikverein Pirmasens am Sonntagabend. Dazu kamen die Solisten Christina Roterberg, Angela Lösch, Daniel Schreiber und Thomas Herberich. Sie führten die „Petite Messe Solennelle“ von Gioacchino Rossini vor etwa 150 Zuhörer auf, die trotz der hochsommerlichen Temperaturen den Weg in die Hornbacher Klosterkirche gefunden hatten.

Die „Petite Messe Solennelle“ ist ein Auftragswerk. Rossini schrieb sie 1863. Seine letzte Oper hatte er mehr als 30 Jahre zuvor komponiert. Ungewöhnlich für eine Messe ist, dass Stephan Rahn sie am Klavier mit einem immer wiederkehrenden Klaviermotiv einleitete. Dann erst setzen die Chöre mit lang gezogenen, verhaltenen „Kyrie“-Rufen ein. In den Wiederholungen wurden die „Kyrie“-Rufe immer intensiver, ihr Ausdruck änderte sich. Das Gotteslob „Domine Deus“ im Gloria gestaltete Daniel Schreiber eindringlich und packend – mit seinem schlackenreinen lyrischen Tenor. Selbst wenn seine Stimme mit dramatischer Kraft aufblühte, fiel die schlanke Stimmführung auf. Ein von Stephan Rahn sehr ruhig gestaltetes Zwischenspiel, das sich zunehmend verdichtete, leitete über zu dem Duett „Qui tollis peccata mundi“. Christina Roterberg und Angela Lösch beeindruckten in diesem Duett mit seinen dunkel-erregten Passagen. Federnd und doch kraftvoll am Klavier untermalte Pianist Rahn den Gesang. Immer unruhiger wurde der Charakter der Musik, als Thomas Herberich mit dunklem Bass den Gottessohn anrief. Nach dem markanten, einstimmigen Block des Chors mündete das Gloria in ein machtvolles Fluten der Melodie. Energische Klavierakkorde gaben dann den Impuls für das markante Glaubensbekenntnis des Credos. Klangvoll und warm entfaltete sich Roterbergs lyrischer Sopran mit weit gespannten Klangbögen im klagenden „Cruzifixus“. Im Gegensatz dazu dominierten dunkle Chorstimmen in strenger Einstimmigkeit mit präziser Intonation die Teile des Credo, die die Wiederkunft Christi als Richter der Lebenden und der Toten thematisieren. In einem schnellen, sich breit auffächernden Kanon ließen sie die Unendlichkeit der bevorstehenden Herrschaft Gottes lebendig werden: mit auffallend klarer Tongebung und höchster Klangtransparenz. Das Offertorium, auch Prélude religieux genannt, interpretierte Jan Hennig am Harmonium in dunklen, elegischen Farben. Breit entfaltete sich die Melodie. Dezente Echos ließen eine eindrucksvolle Raum-Klang-Wirkung mit lautmalerischen Akzenten entstehen. Fanalartig setzten die „Sanctus“-Rufe ein, die Sopranistin Roterberg mit ihrem Hosianna-Lobpreis überstrahlte. Die Chorpassagen dazu zeichneten sich durch einen ruhigen, malerischen Ausdruck in wundervoller Einstimmigkeit aus. Die Stimmen der Chöre klangen hier wie eine einzige. Sehr ergreifend, wie ein Ruf aus einer anderen Welt, der unter die Haut geht, klang Roterbergs Anrufung Christi als „Heilbringendes Opfer“ (Salutaris hostia). Auch die „Miserere“-Rufe des Agnus Dei waren zutiefst aufwühlend. Die Bitten der Chöre um Frieden griff die Sopranistin in einem Aufschrei aus tiefster Seele auf, den die Chöre wieder beschwichtigten. Das Stück endete mit einer von der ersten bis zur letzten Note fesselnden Interpretation nach fordernden Impulsen von Klavier und Harmonium. Minutenlanger Applaus war der Dank für die mitreißenden Sänger und Musiker.

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