Zweibrücken Ein Rocker auf Crack

Sieht mehr wie Nosferatu als wie Mephisto aus: Dominique Horwitz in der Zweibrücker Festhalle.
Sieht mehr wie Nosferatu als wie Mephisto aus: Dominique Horwitz in der Zweibrücker Festhalle.

Dominique Horwitz, aus Theater, Film und Fernsehen bekannter Schauspieler und Sänger, präsentierte am Sonntag in der Festhalle vor etwa 200 Besuchern mit Band seine Revue „Me and the Devil“.

Grundlage der Story um einen Verliebten mit mangelnder Treffsicherheit und daraus resultierenden Depressionen namens Max und seine Verlobte Agathe sind Carl Maria von Webers romantische Oper „Der Freischütz“ und das darauf beruhende Musical „The Black Rider“ von Tom Waits und Robert Wilson. Bei dessen Uraufführung am Hamburger Thalia Theater hatte Dominique Horwitz den Teufel verkörpert. Auch Stilzitate aus Leonard Bernsteins „West Side Story“ klangen vereinzelt an. Max hat nämlich ein großes Problem: Verfehlt er das Ziel bei einem Probeschuss, platzt seine ersehnte Heirat mit der gutbürgerlichen Försterstochter Agathe. Und in letzter Zeit klappt gar nichts mehr, er schießt einfach immer daneben, es ist zum Verzweifeln! Da kommt dann der Teufel mit seinen übersinnlichen Künsten als Dienstleister ins Spiel, denn der kann ja bekanntlich (fast) alles, wenn er denn will. Aber oft will er die Sache doch etwas anders lösen als sein Kunde. Denn das ganze Getue und Herumgejammere geht ihm allmählich auf die Nerven – schließlich ist er ja der Teufel und kein Wohltäter von der Heilsarmee! Horwitz’ Revue kombiniert musikalische Elemente beider Werke in neuen Arrangements, mal jazzig, mal rockig zu einer kabarettistischen Show im Stil der 20er Jahre. Und hier brillierte der Entertainer, teuflisch anzuschauen im flammendroten Frack und gleichfarbiger Melone, mit seiner Schauspielkunst und seiner frappierenden Wandlungsfähigkeit. Stilsicher jonglierte er zwischen den verschiedenen Genres hin und her, mühelos bewältigte er die Übergänge dazwischen. Schlangengleich glitt er über die Bühne, eine stimmige Einheit von Bewegung, Körperhaltung und Stimme im Takt der Musik. Und schlüpfte dabei als Akteur und Kommentator in einer Person in die unterschiedlichsten Rollen. Mit Wortspielen und Stimmakrobatik setzte er komödiantische Akzente, spielte mit Erwartungshaltungen und Klischees. So richtig ernst nehmen konnte man Agathes Angst, dass Max bei dem Probeschuss scheitern könnte, und ihre Befürchtungen über das dadurch drohende Unglück jedoch nicht, denn Horwitz’ Sprechgesang war eher eine Parodie als eine Rezitation. Er zitierte sie mit einem höhnischen Unterton und distanzierte sich gleichzeitig von ihr. „Typisch Frau, immer viel zu viel Zweifel, immer viel zu viel Gefühl“, kommentierte er Agathes Sentenzen kurz und bündig. Effizienz ist halt das Motto der Zeit – und das bot er daraufhin Max an. Der aber schrie in unheimlicher Beleuchtung seine Versagensängste hinaus. Wie ein Rocker auf Crack wirkte Horwitz hier. Blitzschnell sprang er von einer Rolle in die andere: „Jetzt werde ich für Sie erst Agathe, dann Max zu Worte kommen lassen“, stimmte er das Publikum auf seine One-Man-Show ein. Und erwies sich als ein Stimm-Magier, dem nichts heilig ist. Voller Ironie kokettierte er mit der Rolle des Teufels. Zum Song „I’m Just a Little Devil“ tänzelte er lasziv über die Bühne und war doch diabolisch unheimlich. Er zuckte und bebte im Rhythmus der Musik, zu groovig-hämmerndem Beat und grellen, jazzigen Blitzen in der Melodie. „Hat denn der Himmel mich verlassen?“ schrie er in Max’ Worten hinaus. Und beruhigte gleich darauf: „Don’t Be Confused“ – aber so scheinheilig, dass man dann natürlich erst recht verwirrt war. Völlig aus jeder Rolle – und aus der Hose – fiel Horwitz zum Schluss, als er im Damenkostüm als Transvestit über die Bühne stöckelte und sich über die ganze „Gefühlsseligkeit, Tränen und Heuschnupfen“ mokierte – Freischütz light eben. Viele applaudierten dem facettenreichen Akteur begeistert, aber auch vereinzelte Buh-Rufe wurden laut – das Konzept war wohl nicht jedermanns Geschmack.

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