Zweibrücken Ein Igel zum Reinkriechen

Spaziergänger im Wald bei der lothringischen Ruine Heidenkirche können in der Dämmerung erschrecken, wenn sie den drei Meter langen Igel im Unterholz sehen. Mit dem Tier aus Ästen und Erde hat die 31-jährige belgische Künstlerin Marie Van Gysel jetzt den Kunstpreis „Festival des Paysages“ gewonnen. Acht weitere Landart-Objekte wurden von neun anderen Künstlern im Wald rund um die Heidenkirche installiert.

Van Gysels Beitrag war am direktesten mit dem Thema „Faune“ verbundene. Deutsche Teilnehmer wurden diesmal nicht zugelassen von der Jury, die aus mehreren Dutzend Einreichungen französischer Künstler die neun besten für die Installationen im Wald auswählten. Eine Woche lang arbeiteten die Künstler im Wald, der in der Nähe des Holzschuhmacherdorfes Soucht im Bitscher Land liegt. Van Gysel fand ihr Material komplett vor Ort, baute in tagelanger Arbeit das Astgerüst auf, das später mit Erde verkleidet wurde und angespitzte Ästchen als Stacheln erhielt. Im Innern ist der Igel hohl und durch einen Eingang am hinteren Ende zu betreten – auf allen Vieren aber nur. Die Künstlerin spielt dadurch mit der Schutzfunktion der Stacheln, die von der einen Seite abwehren und auf der anderen Seite beschützen. Weiches Moos im Innern bettet den erkundungsfreudigen Besucher sanft und er kann sich wie ein Igel fühlen, sich also buchstäblich in das Tier hineinversetzen. Die Konzeption überzeugte denn auch die Jury, weshalb Van Gysel der mit 1000 Euro dotierte Kunstpreis zugesprochen wurde. Einen zweiten Preis in Form einer Ausstellung erhielt ein Straßburger Künstlerduo für eine Installation in einem Baum, bei der aufwendig geflochtene und verfilzte Pferdehaare, Fellstücke und Textilfasern herabhängen, die Pflanze somit zum Tier mutiert. Einen leichten Vodoo-Charakter hat die Installation von Aude Jouvin und Letizia Romanini, was von den Künstlerinnen aber nicht beabsichtigt war. Andere Teilnehmer trieben da weniger Aufwand. Witzig erscheint die Idee eines Künstlers, der einen 30 Zentimeter hohen Zuckerblock in den Wald stellte und kleine, handelsübliche Zuckerwürfel drumherum streute. Eine „Einladung zur Teilhabe“ hat er seinen Beitrag genannt. Er meint damit explizit Waldinsekten wie Ameisen, die sich mit seinem Werk vergnügen sollen. Einfache Materialien reichten auch Benoit Meyer aus Meisenthal für seine Baumparasiten, die aus Baumschaum mit Granulat bestreut und mit einem Spiegel versehen zu dutzenden an den Bäumen hängen, von weitem schon mit den Spiegeln in den Wald blitzen und den Befall mit einer noch unbekannten Spezies darstellen könnten.

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