Die Wochenend-Meinung Diesen Winter geht die Welt nicht unter

Die Bundesnetzagentur schreibt: „Ein großflächiger Blackout ist äußerst unwahrscheinlich.“
Die Bundesnetzagentur schreibt: »Ein großflächiger Blackout ist äußerst unwahrscheinlich.«

Als ich so um die zehn Jahre alt war, hab’ ich mir jeden Montag von meinem Taschengeld das Yps-Heft gekauft. Das mit dem Gimmick, dem kleinen Spielzeug, das jedem Heft beilag. Zu meinen Lieblings-Gimmicks gehörte die Überlebens-Serie. Ich hatte ein Überlebens-Zelt. Das war zwar nur ein Plastiksack ohne Boden, den man mit Schnüren und Steinen als dreieckige Röhre aufspannen konnte, aber ich lag trotzdem drin, unter dem Apfelbaum meiner Großeltern und las „Am Rio de la Plata“ von Karl May. Ich fand das Buch furchtbar langweilig, aber ich hab’s überlebt – vielleicht wegen des Zelts. Ich wusste, wie man mit einem Spiegel SOS morst, und ich tauchte Streichholzköpfe in Kerzenwachs, damit ich sie auch noch im starken Regen benutzen konnte.

Und wenn mein jüngster Sohn heute mit seinen Freunden zur Biketour aufbricht, hat er gerne einen Rucksack dabei, in dem er alles mit sich trägt, was er so den Tag über brauchen könnte. Luftpumpe, Powerbank, Lautsprecher, Essen und Trinken, Werkzeug ... „Dann fühl’ ich mich so indianisch“, hat er mal erklärt.

Für Notlagen gerüstet sein

Es ist ein gutes Gefühl ist, für Notlagen gerüstet zu sein. Auch wenn sie fast nie eintreten. Ich hab’ nie Streichhölzer im Regen gebraucht und musste nie per Morsezeichen Hilfe rufen. Und wie ich schon mal zu Beginn des Jahres an dieser Stelle geschrieben habe: Ich halte es für richtig, Kerzen, Streichhölzer, Batterien, Kekse und Wasser zuhause zu haben, falls mal der Strom ausfällt. Ich finde es auch eine gute Idee, dass es – wie vom Landkreis jetzt gefordert – in jedem Dorf eine Anlaufstelle geben soll, wo man sich zur Not aufwärmen kann.

Aber das alles ist nichts Neues! Es mag sein, dass dem einen oder anderen durch die Corona-Krise und die Folgen des Angriffs auf die Ukraine bewusst wurde, dass wir nicht ganz so sorglos sein dürfen, wie wir das vielleicht waren. Aber das Thema ist mittlerweile so in den Vordergrund gerückt, dass ein falscher Eindruck entsteht – vielleicht sogar unnötige Angst. Mich stört schon alleine das Wort Blackout, das mittlerweile viele benutzen, wenn sie einen Stromausfall meinen.

Ein langer Stromausfall ist sehr unwahrscheinlich

Die Bundesnetzagentur schreibt: „Die deutsche Stromversorgung ist sehr sicher.“ Und: „Ein großflächiger Blackout ist äußerst unwahrscheinlich.“ Natürlich wird es diesen Winter Stromausfälle geben. Aber nicht tagelang. Und nicht flächendeckend. Und das hat dann auch nichts mit dem Ukraine-Krieg oder mit fehlendem Gas zu tun. Bei uns fällt der Strom aus, wenn es viel regnet und stürmt und ein Baum in die Leitung fällt. Oder wenn es viel schneit. Und meistens ist der Strom nach ein paar Stunden wieder da. Natürlich ist es schön, wenn man in der Zwischenzeit nicht im Dunkeln sitzt und nicht friert. Aber auch das ist doch nichts Neues.

Auch die Sirenen, die jetzt die Stadt Zweibrücken und die Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land gekauft haben, werden nicht heulen, weil wir uns vor einem Fliegerangriff schützen müssen. Sie werden nicht mal mehr gebraucht, um die Feuerwehrleute zu alarmieren. Die haben mittlerweile ihre eigenen Pieper. Bei uns werden die Sirenen vor allem vor Hochwasser und Starkregen warnen. Es ist deshalb durchaus sinnvoll, dass die Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land nun erst mal die Dörfer im Hornbach- und Schwarzbachtal ausstattet und nicht auf Teufel komm raus Sirenen für alle 17 Gemeinden kauft, koste es, was es wolle. Natürlich stehen viele noch unter dem Eindruck der Katastrophe im Ahrtal. Aber das war eben eine Flutkatastrophe. In Rosenkopf oder Battweiler wird so etwas nicht passieren.

Am besten Notfälle verhindern

Es ist richtig, aus Katastrophen und Versäumnissen der Vergangenheit seine Schlüsse zu ziehen. Aber dann darf man das Augenmerk nicht nur darauf legen, was im Notfall zu tun ist. Dann muss man vorbeugen, dass solche Notfälle möglichst gar nicht passieren.

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