Die Wochenend-Meinung Die Amazon-Halle darf nicht leerstehen

Das Gelände erinnert an den Parkplatz eines Flughafens.
Das Gelände erinnert an den Parkplatz eines Flughafens.

Das Gewerbegebiet am Steitzhof komplett für Amazon zu verkaufen war kein Fehler. Die Fehler wurden 15 Jahre zuvor gemacht. Aber jetzt darf die riesige Halle nicht leerstehen.

Schon von der Straße aus gesehen ist sie ein Riesenklotz, die Halle, die zwischen Flugplatz und der Autobahnabfahrt Walshausen ins Industriegebiet Steitzhof gebaut wurde. Eine 200.000 Quadratmeter große Fläche wurde eingeebnet, verdichtet, mit einer 50.000 Quadratmeter großen Halle bebaut. Was dort oben entstanden ist und was es Zweibrücken und der Südwestpfalz bringen sollte, merkt man aber erst richtig, wenn man sich die Halle mal von hinten ansieht, von Südosten.

Der Parkplatz und das Rangiergelände vom Dach der Halle aus gesehen.
Der Parkplatz und das Rangiergelände vom Dach der Halle aus gesehen.

Ein Parkplatz – komplett leer, aber abends noch hell beleuchtet –, der an einen Flughafen erinnert. Alleine in dem Bereich, der nicht umzäunt ist, 326 Parkplätze, darunter Behindertenparkplätze und welche mit E-Ladestationen, fast 40 Motorradparkplätze, etwa 75 überdachte Stellplätze für Fahrräder, inklusive zweier eigener Fahrradspuren, die dorthin führen. Etwas oberhalb gelegen zwei Bushaltestellen. Ein Blick auf den riesigen Parkplatz macht noch einmal bewusst, was hier entstehen sollte: Arbeitsplätze für 400 Menschen.

Oberhalb der Halle wurden zwei Bushaltestellen gebaut.
Oberhalb der Halle wurden zwei Bushaltestellen gebaut.

Und nun? Offiziell sagt das niemand, aber es scheint so, als sei der ursprünglich ins Auge gefasste Mieter Amazon abgesprungen. Die Halle wird im Internet angeboten, auch in kleineren Einheiten ab 10.000 Quadratmeter. Es muss ja nicht Amazon sein, aber die Halle und das Gelände außenrum dürfen nicht zur Industrieruine werden. Die Stadt klagt immer wieder darüber, dass sie keine Gewerbeflächen mehr hat. Sie muss mithelfen, die Riesen-Logistikhalle am Steitzhof bei möglichen Interessenten anzupreisen, auch wenn Stadt und Landkreis nach dem Verkauf des Geländes mit der Halle an sich gar nichts mehr zu tun haben.

Einige Parkplätze haben Ladestationen für E-Autos.
Einige Parkplätze haben Ladestationen für E-Autos.

War es ein Fehler, das Gelände an den Bauherren Scannell und damit an den geplanten Mieter Amazon zu verkaufen? Landrätin Susanne Ganster sagte im Sommer, sie sei nach wie froh, das Industriegebiet nach zehn Jahren zu einem guten Preis verkauft zu haben. Knapp drei Millionen Euro hat der Zweckverband Entwicklungsgebiet Flugplatz (ZEF) dafür bekommen. Scannell hat außerdem die Straßen innerhalb des Gebiets bezahlt, also auch den riesigen Parkplatz, eine Million Euro für die Sanierung der Kreisstraße entlang des Gebiets, außerdem die Untersuchungen auf Munitionsreste und Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg samt Folgekosten und die Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz. Der Zweckverband hat um die 80.000 Euro ausgegeben, um am Zweibrücker Flugplatz eine Fläche zu schaffen, wo sich ein seltenes Vogelpärchen niederlassen kann, das vom Steitzhof vertrieben wurde.

Zwei eigene Fahrradstraßen führen zu überdachten Abstellplätzen.
Zwei eigene Fahrradstraßen führen zu überdachten Abstellplätzen.

Die reinen Kosten für Stadt und Landkreis halten sich also in Grenzen. Dafür, was dort oben steht, sind 80.000 Euro ein Schnäppchen. Aber einen Hang monatelang mit Planierraupen und Lastwagen einzuebnen, 200.000 Quadratmeter zu asphaltieren und das Wasser in einem ebenfalls riesigen Regenrückhaltebecken aufzufangen, nur um eine leere Halle jede Nacht hell anzustrahlen – das darf es wirklich nicht gewesen sein.

Unterhalb der Halle wurde ein großes Regenauffangbecken gebaut.
Unterhalb der Halle wurde ein großes Regenauffangbecken gebaut.

Dass der ZEF das Gelände verkauft hat, war kein Fehler, auch wenn es Unmut gab, dass ausgerechnet der Internet-Gigant Amazon herkommen sollte. Die Fehler wurden vor 15 Jahren gemacht, als das Gewerbegebiet für das Saarbrücker Stahlbauunternehmen Brück geschaffen wurde. Als es unbedingt ein Gelände sein musste, wo man den Lärm der Maschinen nicht bis ins Wohngebiet hört. Als es schnell gehen musste und zum Kaufpreis für die Äcker und Wiesen auch noch der für einen Bauernhof dazukam, nur um ihn abzureißen. Und vor allem: Als all dies für ein Unternehmen gemacht wurde, ohne sich 100 Prozent abzusichern, dass auch der Vertragspartner seine Verpflichtungen erfüllt. Denn Brück kam nie. Offiziell hieß es, die Finanzkrise 2009 sei schuld. 2016 meldete das Unternehmen Insolvenz an.

Alleine außerhalb des eingezäunten Geländes ist Platz für über 300 Autos.
Alleine außerhalb des eingezäunten Geländes ist Platz für über 300 Autos.

Stadt und Kreis saßen auf einem riesigen Gewerbegebiet, für das sie fast sechs Millionen ausgegeben hatten – plus später die Kreditzinsen – und das keiner wollte. Nur die Firma Verope, die Seile für Krane und Aufzüge herstellt, hat dort gebaut und sogar erweitert und arbeitet solide und zuverlässig, aber immer noch allein und einsam. Hoffentlich bekommen die Seilmacher bald ein paar Nachbarn!

Parkplätze für fast 40 Motorräder.
Parkplätze für fast 40 Motorräder.
Die Logistikhalle aus der Nähe betrachtet.
Die Logistikhalle aus der Nähe betrachtet.
Ein Blick auf die Rückseite der Halle.
Ein Blick auf die Rückseite der Halle.
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