Zweibrücken/Berlin Der Bär, über den alle sprechen

„Why I Bear - Großer Lastenbär“ von Stefan Rinck in Berlin vor der Zionskirche.
»Why I Bear - Großer Lastenbär« von Stefan Rinck in Berlin vor der Zionskirche.

Putzig ist er, der Bär. Doch was schleppt er denn da? Die Skulptur „Großer Lastenbär“ des Zweibrücker Bildhauers Stefan Rinck wird am Dienstag in Berlin eingeweiht. Sie ist Rincks erste Monumentalskulptur im öffentlichen Raum in Deutschland.

Warum nur trägt der kleine Bär eine so große Last mit sich herum? „Man trägt die Last eines anderen, die christliche Nächstenliebe, der Bär steht ja neben einer Kirche“, sagt Stefan Rinck. Oder es geht um die eigene Last. „Ich hatte auch mal einen Bären, der ein schlechtes Gewissen getragen hat, den gab es als Tisch“, sagt Rinck und lacht. Wie fast alle seine Figuren kann man auch diese vielfältig deuten. „Die Interpretation ist freigestellt“, betont Rinck.

Mit 1,85 mal 1,7 mal 1,2 Meter ist der Bär relativ klein, sind doch die meisten Skulpturen von Rinck über vier Meter hoch. „Die Größe des Bären ist angepasst an die Bestimmungen, die etliche Ämter vorgaben – wie das Denkmalschutzamt“, erklärt Rinck. Immerhin waren die Behörden von der Skulptur so sehr angetan, dass innerhalb eines halben Jahres (für die Hauptstadt ist das ein rasantes Tempo) alle nötigen Bescheinigungen und Genehmigungen vorlagen.

Stefan Rinck
Zur Person

Stefan Rinck: Am Hofenfels-Gymnasium fing alles an

Der Vorläuferbär

Und noch etwas hat einen praktischen Grund: das Material. Rinck: „Der Elbsandstein kommt nicht von weit her, er muss ja mit dem LKW übers Land geschickt werden, da gilt es Kosten zu minimieren. Der Elbsandstein hat auch etwas zu tun mit der belasteten deutschen Geschichte. Der Stein sei mittelhart bis weich und gut zu bearbeiten, sagt der erfahrene Bildhauer.

Dann verrät er, dass die Kombination Bär und Block nicht neu ist. „Der Bär ist 2007 schon entstanden – für eine Ausstellung in Athen. Damals gehörte der Bär zu einer Figurengruppe für die Biennale zum Thema „Destroy Athen“. „Da war der Bär eines der Tiere einer Armee – wie eine trojanische Eule, ein Affe mit Speer und eben ein Bär, der die Last getragen hat.“

Der Liebling

Der putzige Bär, der schön hell vor der dunklen Zionskirche steht und alle Blicke auf sich zieht, hat also einen Vorläufer. Einen kleinen Lastenbären, 26 mal 16 m 26 cm groß. Er ist auch aus Sandstein und wirkt, da kleiner, noch putziger. Den entdeckte Konstanze Kleiner, die Kuratorin der Berliner Ausstellung „Points of Restance“ in Rincks Atelier.

Sie entführte das Tier in besagte Gruppen-Ausstellung, die an Ostern unter Corona-Auflagen in der Zionskirche zu sehen war – und sofort die Gefühle der Besucher ansprach. Seine Beharrlichkeit hat erstaunt und begeistert. Der Bär wurde zur Projektionsfläche für private, gesellschaftliche und politische Themen. Ein ideales Kunstwerk sozusagen. Er avancierte zum Liebling der Ausstellungsbesucher, der Kinder wie der Erwachsenen – und der Kuratorin.

Aus einem Block gehauen

„Sie hat ihn so gepuscht, dass aus der Mücke ein Elefant wurde“, lacht Rinck. Den kleinen Bären gibt es nun auch für Sammler und Unterstützer in Bronze und in Gold (in zehn plus zwei Exemplaren), auf T-Shirts, Pullovern, als Logo. „Mal sehen, wie sich das entwickelt“, gibt sich der Bildhauer gelassen ob seiner bislang erfolgreichsten Skulptur.

Der große Bruder, der „Große Lastenbär“, aus nur einem großen Steinblock gehauen, ist nun Rincks erste Monumentalskulptur im öffentlichen Raum in Deutschland. Seine erste öffentliche Skulptur steht seit den 90er Jahren im Zweibrücker Rosengarten: eine kleine Schildkröte - und dann gibt es noch den wie ein Bilderrelief mit Landschaft aussehenden Grabstein, der er 2016 für das Zweibrücker Urnengrab seines Vaters als klassische Steinmetzarbeit gestaltete.

Die Skulptur wiegt sechs Tonnen

Der große Bär soll zwei Jahren vor der Zionskirche bleiben – wenn er nicht vorher unter seiner Last zusammenbricht. Da er sechs Tonnen wiegt, wird ihn so schnell wohl niemand von dort entführen. Er wurde vergangene Woche mit einem Kran auf den freien Platz vor der Zionskirche gehievt. Das ist die Kirche, in der Dietrich Bonhoeffer als Pfarrer wirkte und die später in der DDR zum Schutzraum der Friedensbewegung wurde.

Ungewöhnlich ist nicht nur der Bär, sondern auch das große Einweihungsprogramm für die Skulptur, das ihr weitere Aufmerksamkeit beschweren wird und das der stets bescheidene auftreten Bildhauer so auch noch nicht erlebt hat. Er sitzt bereits an neuen Objekten – für eine Ausstellung in Paris und eine in Amerika („20 Skulpturen, da fehlen mir noch sieben“) im kommenden Jahr und eine in England, für die er länger Zeit hat.

Ein Zweibrücker Lastenbär?

Für Zweibrücken würde Stefan Rinck natürlich auch gerne eine Skulptur anfertigen. „Da hatte ich schon mal eine Skulptur vorgeschlagen für der Fasanerie am Teich, die so ähnlich aussieht wie eine, die es früher mal gab, eine Panfigur. Das hatte Gernot Waldner mit der Gruppe ZWHOM initiiert, hat nicht geklappt. Aber wenn die Stadt auf mich zukommen würde, wäre ich nicht abgeneigt, zu kooperieren, Steine sind nicht billig. In der Pfalz und in den Vogesen gibt es guten Sandstein für einen Zweibrücker Lastenbär.“

Einweihung und Infos

  • Dienstag, 9. November, Berlin, Pankow, Zionskirchplatz: 11 Uhr: Film, Podiumsgespräch. - 18.30 Uhr: Festakt mit dem Porträtfilm „Herz aus Stein“ von Sonja Baeger über Stefan Rinck und Vortrag des Philosophen Christian Posthofen: „Die Kirche, der Widerstand und der Bär“. – 21 Uhr: Konzert von Sven Helbig, Video „Allegoria Sacra“ (3G, Karten 29,37 Euro bei kleinervonwiese.com)
  • Infos: www.kleinervonwiese.com

    www.stefanrinck.com

Die Skultpur in ihrem Umfeld vor der Zionskirche wird am Dienstag eingeweiht.
Die Skultpur in ihrem Umfeld vor der Zionskirche wird am Dienstag eingeweiht.
x