Zweibrücken „Da ist die Chefin!“

Letztens im Aldi: Vier weibliche Häftlinge aus dem offenen Vollzug sehen Sandra Gauf, winken, rufen „Hallo, Frau Gauf!“ und „Da ist die Chefin!“, scharen sich um sie, plappern drauflos. Die stellvertretende Leiterin der Justizvollzugsanstalt (JVA) Zweibrücken erinnert sich lachend an die Szene. „Mir macht das nichts aus, im Gegenteil, ich freue mich, wenn ich unsere Leute draußen treffe, lasse mich auch gerne auf ein Schwätzchen ein.“

Offen, interessiert und herzlich zeigt sich Sandra Gauf auch in unserer Sommerredaktion. Tochter Jola löffelt ein Eis, während die Mama von ihrer Arbeit im Gefängnis erzählt, „die ich sehr gerne mache, es ist ein Traumjob!“. Als Juristin könne sie sich keine spannendere Arbeit vorstellen. „Das fängt an bei den Mitarbeitern, für die ich verantwortlich bin. Und ich kann gut führen, finde ich. Das betrifft auch den persönlichen Kontakt zu den Gefangenen, den ich sehr schätze.“ Wenig Juristerei, viel Menschliches und jeden Tag was Neues, das passe zu ihr und mache ihr Freude. Den verstorbenen früheren Leiter der JVA, Albert Stürmer, nennt sie ein großes Vorbild. „Er war ein toller Chef, ihm war nie was zu viel, seine Tür stand immer offen.“ So wolle sie auch sein, erklärt die „Chefin“. Angst bei der Arbeit habe sie nicht. „Ich habe in der JVA Diez angefangen, da saßen 100 Mörder und 300 Sexualstraftäter, dagegen ist Zweibrücken ja vergleichsweise harmlos.“ Wegen Mordes Verurteilte säßen hier im Frauentrakt, für den sie zuständig ist. „Wir haben momentan viele Mörderinnen, und die meisten davon sind aus dem Saarland“, ist Sandra Gauf aufgefallen. Mit ihren Nöten und Belangen beschäftigt sich die Oberregierungsrätin tagtäglich – und steht dabei oft vor neuen Herausforderungen. „Wir haben hier zum Beispiel eine 85-Jährige mit lebenslanger Freiheitsstrafe, die noch fünf Jahre vor sich hat, aber immer gebrechlicher wird. Oft braucht sie Hilfe von den Mitgefangenen.“ Der Strafvollzug hinke der Entwicklung hinterher, dass es immer mehr ältere Gefangene gibt, findet Sandra Gauf. Sie selbst wachse jeden Tag an ihren (neuen) Aufgaben. „Herr Stürmer war immer dagewesen, den musste ich nie vertreten.“ In den vergangenen drei Jahren habe sie aber immer mal wieder den Laden alleine geschmissen. „Das war anstrengend, aber gut, ich habe viel gelernt, und mich schockt so schnell nichts mehr.“ Auch kein nächtlicher Anruf, wenn irgendwas los ist in der JVA. Einmal sei sie über den Tod eines Häftlings informiert worden, mitten in der Nacht. Gerade habe sie ihren neuen Chef Jürgen Buchholz vier Wochen vertreten, weil der von München nach Saarbrücken umgezogen ist. Jetzt freue sie sich auf den Urlaub – nächste Woche geht’s ab in die Provence. Vor zwei Jahren im September war Sandra Gauf auf der tollsten Hochzeit ihres Lebens, wie sie sagt: nämlich auf ihrer eigenen. Nach 24 Jahren wilder Ehe heiratete sie den Vater ihrer beiden Kinder, „und es war ein wunderschönes Fest, weil wir alles genau so gemacht haben, wie wir es wollten und wie es zu uns am besten passt.“ Man habe Zuhause gefeiert, ihre beiden Schwestern hätten ein super Unterhaltungsprogramm zusammengestellt, mit Bildern von früher, Tanz und allem Pipapo. Das Verhältnis zu den Schwestern, überhaupt zur Familie, sei sehr eng, sagt Sandra Gauf. „Wenn wir zusammensitzen, unsere Mutter noch mittendrin, schreien wir am Ende alle, um Gehör zu finden. Denn wir alle reden sehr laut und sehr gerne.“

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