Zweibrücken Futuristisch, frustriert und fröhlich

„Meeting“: Collage von Heike Wilhelm.
»Meeting«: Collage von Heike Wilhelm.

Hauptthema der neuen Ausstellung der Zweibrücker Künstlerin Heike Wilhelm sind Menschen. Sie zeigt Menschen in verschiedenen Situationen und Wahrnehmungen, aber auch konstruktivistische Reliefs.

Schemenhafte Schatten in einer fast gespenstig anmutenden futuristischen Szenerie mit hochragenden schlanken Stämmen sind in dem Bild „Honey II“ zu sehen. Die Collagetechnik kombiniert unterschiedliche Perspektiven und schafft so einen „fremden Blick“ auf die anonymen gesichtslosen Gestalten in verschiedenen Farben, nur ein Gesicht in Großaufnahme, losgelöst von seinem Körper, ist erkennbar, doch nicht identifizierbar, da seine Augen durch eine große Brille mit roten Gläsern verdeckt werden. Geisterhafte Anonymität, Distanz und Austauschbarkeit charakterisieren dieses Bild. Diese Aussage unterstreichen auch die Arbeiten „Figuren I“ und „Figuren II“, in denen weibliche Körperumrisse sich vor dem Hintergrund von Zeitungstexten in vielfältigen Perspektiven überlagern. Unheimlich wirkt dagegen das Bild „Betrachtungen“. Fahldunkle neblige Blautöne, in denen übergroße Farne angedeutet sind, dominieren diese Arbeit, unpersönliche Silhouetten werden übereinander montiert, skeptisch blickt ein Frauengesicht den Betrachter an, während im Hintergrund eine dämonische Frauengestalt nach vorne zu drängen scheint. Diese Aspekte des modernen Lebens greift die Künstlerin in vielen anderen Arbeiten auf. Die von ihr bevorzugt eingesetzte Collagetechnik unterstreicht dabei die Fragmentierung des Menschen in der postindustriellen Gesellschaft, in der er oft nur noch Funktionsträger oder Projektionsfläche, aber kein ganzheitliches Individuum mehr ist. Das wird deutlich in „Individualität“, einem Bild, das genau das Gegenteil seines Titels zeigt. Sie ist nur noch in Umrissen vorhanden in einer durch Anonymität und Austauschbarkeit geprägten Welt, Köpfe und Körperteile treten mal mehr, mal weniger hervor, das Schema kann beliebig ausgefüllt werden. Die Individualität ist verloren gegangen. Auch die Serie „Dreamland“ zeigt Menschen nur anonym oder als Projektionsflächen in nebulösen Fantasielandschaften - eine Utopie ohne Vision? Eine farbenfrohe Sinnenwelt mit Anleihen an den Jugendstil ist dagegen „Schön bist du“ in Anspielung auf das alttestamentarische Hohe Lied Salomons. Vogel- und Menschengestalten überlagern und durchdringen sich in diesem Garten der Fantasie mit seinen leuchtenden Farben und schwellenden Formen. Eine andere Serie beschäftigt sich mit dem städtischen Leben. In „Urban Life“ sind wie in Großaufnahme die verbitterten Gesichter eines Mannes und einer Frau vor graublauen Hochhausschatten zu erkennen. Wesentlich dynamischer in Form wie Motivgebung ist dagegen „Young People“. Eine Gruppe junger Männer sitzt da vor einem tiefblauen Hintergrund in der linken Bildhälfte, ihre Wünsche und Träume zeigt die Künstlerin in Form eines Motorrads und der Silhouette einer eleganten, lässig-lebensfrohen Frau mit einer schicken Clutch. Eine Gruppe von sportlich gekleideten jungen Leuten, die miteinander Kontakt haben, steht im Mittelpunkt von „Happy People“, die Attribute der Großstadt mit ihrem Treiben treten demgegenüber in den Hintergrund. Eine farbenfrohe Collage mit Augenblicksimpressionen ist „Venedig“, einen Blick in einer fremde Welt wirft „Geisha“, in dem Frauengesichter wie aus einem Kaleidoskop herausblicken. Streng geometrische Formen sind dagegen das Gestaltungsprinzip der vier Reliefs mit dem Titel „Faltungen“. Muster und Farben variieren diese geradlinigen Arbeiten, die Ordnungssysteme multiplizieren. Ausstellung Heike Wilhelm: Collagen, Zweibrücken, Deutsche Bank Finanzagentur, Poststraße 23, bis 31. Dezember, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10-13 Uhr, Montag und Dienstag auch 14-16 Uhr, Donnerstag auch 14 bis 18 Uhr.

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