Speyer Wohin kräht der Hahn?

Frische Waren von mittelalterlichen Hühnern: Um die Eier der Bäuerin entspinnt sich im Luther-Stück „Ei was glaubst denn Du?!“ e
Frische Waren von mittelalterlichen Hühnern: Um die Eier der Bäuerin entspinnt sich im Luther-Stück »Ei was glaubst denn Du?!« ein Religionsstreit.

Eine belebte Speyerer Straße in Harthausen, viel Publikum vor den Musik-Bühnen am Gretelplatz und im Malerwinkel und ein amüsantes Theaterstück passend zum Luther-Jahr: Das dreitätige Tabakdorffest samt Ausstellung, Kinder-Kerwerummel rund um den Uchizyplatz und Oldtimerschau verlief zur Zufriedenheit von Gerald Fischer. Den Ortskartell-Vorsitzenden freute vor allem beim Programmpunkt Essen und Trinken der Wiedereinstieg von MGV und Fischerhof.

Das Dorf ist keins wie jedes andere. Oft sind gekrönte Häupter, ungewöhnliche Leute zu Gast, ereignet sich Weltbedeutendes. Zumindest in dem Stück des Autors und Regisseurs Andreas Heck, der sein Stück betitelte: „Ei was glaubst denn Du?!“ Ei wörtlich gemeint als Hühnerei. Kaiser, Landgrafen und Kurfürsten versammeln sich 1529 zum Reichstag in Speyer und schicken ihre Abgesandten nach Harthausen zum Eierkauf – von der Bäuerin als „frische Ware von mittelalterlichen Hühnern“ angepriesen. Wobei Aussehen und Preis keine Rolle spielen, es zählt allein: „Kräht der Hahn in Richtung Rom oder sind die Hühner der wahren Auslegung der Bibel unseres Herrn Luther gewogen?“ Glaubensfragen – siehe die prinzregentliche Schenkung des Tabakschuppens für ihre Königstreue – lösten die Harthäuser schon immer pragmatisch: „Unser Hahn kräht in alle Himmelsrichtungen.“ Zur Absicherung des Geschäfts wurde der Gockel rasch noch „Martin“ getauft. Kaum lagen sie im evangelischen Korb, verlangte der Lakai des pfälzischen Kurfürsten katholische Eier. Kein Problem: Krähte Martin mal eben als Innozenz. Ozeane theologischer Begründungsschriften ignorierend entschied die Bürgermeistersgattin den Religionsstreit „ganz einfach“: „Es sind doch Eier und keine Küken und wenn etwas noch nicht geschlüpft ist, kann es auch noch keinen Glauben haben.“ Der Pfarrer jedenfalls war überzeugt: „Wenn das keine salomonische Lösung ist.“ Gestern im Mittelpunkt: Alte Autos und Live-Musik – Swing, Blues, Jazz, Guggemusik, am Freitag Reggae, Partyunterhaltung, Samstag Gute-Laune-Tanzlieder, pfälzische Mundart – vom Mittag bis in die Nacht. Zur Oldtimer-Parade hatte es Karl Kilian nicht weit. Er musste seinen Austin Seven Roadster, Baujahr 1936, lediglich aus der Garage auf die Straße fahren. Seine Angabe zur PS-Zahl (750 Kubik) des Vorläufermodells vom BMW Dixi: „Ausreichend.“ Sei der Fahrer mutig, sagt Kilian, packe er Tempo 130. Wohl fühlten sich beide, wenn die Tachonadel um die 80 pendele: „Komfort Null, dafür zuverlässig.“ Reiner Link chauffierte den Salmson/Billancourt mit 1600 Kubik und 51 PS, gefertigt 1930. Der Wagen sei eine Rarität, nur in Deutschland seien Exemplare registriert – von Kapellen-Drusweiler nach Harthausen. Seine Besonderheit sind zwei obenliegende Nockenwellen, auch Königswelle genannt. Die Firma, die auch Neun-Zylinder-Stern-Flugzeugmotoren fertigte, ging 1957 pleite. Gekauft hat Reiner Link den Wagen 1974 „schrottreif“ in Bordeaux und etwa 1000 Stunden in die Restauration investiert.

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