Speyer Wochenchronik :

Man kennt sich, man schätzt sich. In Speyer und auch im Speyerer Stadtrat. Dennoch war es bemerkenswert, dass ein besonderer Dank der nach 49 Jahren aus dem Gremium ausgeschiedenen SPD-Frau Margarete Boiselle-Vogler am Donnerstagabend an CDU-Fraktionssprecher Gottfried Jung ging: Ihm habe sie 40 Jahre lang gegenübergesessen und ihn stets als loyalen Gesprächspartner kennengelernt. Er müsse jetzt mit der Rolle des dienstältesten Ratsmitglieds leben und ihr außerdem etwas versprechen: „Wenn Sie Ihr 50-jähriges Jubiläum feiern, mögen Sie mich bitte dazu einladen, dann bin ich nämlich 102.“ Sie bittet und setzt sich wieder in einen Sitzungssaal-Sessel – nahe dem, der ihr vor wenigen Wochen im Amt noch zugestanden hat. Boiselle-Vogler bleibt natürlich die ganze Sitzung über dabei – und behält ihren neuen „alten“ Nachfolger aufmerksam im Auge – jederzeit bereit, sofort noch einmal einzuspringen. „Mit der Seiler vornedran hat der Eger gar nix mehr zu sagen.“ Soweit eine – nicht repräsentative – Bürgerstimme zur großen Koalition im Rathaus. Klingt nicht gerade nach großen Erwartungen an den ersten Bürger der Stadt. Die Genossen spüren Rückenwind nach 20 Jahren ohne Gestaltungsmacht, sind jetzt wieder obenauf. „Ohne uns geht nichts mehr“, heißt es in Parteikreisen selbstbewusst. Mehr oder weniger offen wird über eine Beigeordnete Seiler spekuliert und über die Ressorts, die sie verwaltet, wenn es denn so weit ist. Soziales? Ordnung? Was auch immer. Die Roten trauen sich alles zu. Sogar so viel, dass ein Friedel Hinderberger einfach ausplaudern darf, wo die neue Feuerwache hingestellt wird, während der OB noch schweigt und auf aussehende Beschlüsse verweist. Das fördert den Koalitionsfrieden. Ob die Koalition überhaupt funktioniert, ist derzeit noch ganz schwierig einzuschätzen. Das Papier des Koalitionsvertrages ist geduldig. Im Kirchboot-Rennen sind beide Koalitionäre schon früh untergegangen, jeder für sich. Mit dem ersten Brezelfest unter seiner Regie ist für den gelernten Bänker und Vorsitzenden des Verkehrsvereins (VVS), Uwe Wöhlert, ein großes Jahr zu Ende gegangen Persönlich, beruflich, ehrenamtlich. Rechtzeitig ist ihm in dieser Zeit der Absprung aus der Sparkasse gelungen, wo angesichts der Personallage an der Spitze kein adäquater Platz für ihn mehr frei schien. „Alte“ Sparkässler bewundern ihn dafür und vermissen einen wie ihn im „neuen“ Institut, verraten sie hinter der Hand. Denn auch einige von ihnen fühlen sich dort nicht (mehr) am richtigen Platz. Rechtzeitig hat Wöhlert den Sprung auf den Vorstandssessel der Landesbausparkasse gepackt. „Die haben mich angerufen und gesagt, wie suchen einen mit Deinem Profil, also Dich. Das schmeichelt schon“, gibt er offen zu. Als im VVS Heike Häußler nicht mehr da sein konnte, konnte er gleich einspringen. Der noch 53-Jährige hat seine Lage überall völlig richtig eingeschätzt. „Er ist ein sehr kluger und tüchtiger Mann“, urteilte ein anderer tüchtiger Speyerer, für dessen „Verein“ der „Zahlen- und Brezel-Uwe“ ehrenamtlich an einer ganz entscheidenden Stelle arbeitet. Sie sind endlich da, die großen Ferien für die Schüler und die Lehrer. Jetzt können wieder alle Klischees gezogen werden. „Das ganze Jahr Ferien“, witzeln neidische Kritiker des Berufsstandes regelmäßig und führen Tage wie diese dafür ins Feld. Das ist ein klein wenig ungerecht. Einer, die jetzt die „ganz großen Ferien“ angetreten hat, kann man das bestimmt nicht vorwerfen: Gabriele Fischer, die am Donnerstag als Leiterin des Niki verabschiedet wurde. Sie hat die Schule das ganze Jahr über ernst genommen. Sie hat Abitur dort gemacht und ging als Rektorin. Eine Ausnahmekarriere einer Ausnahmelehrerin. „Was ich mache, mache ich mit ganzem Herzen“, sagt sie über sich. Das gilt sogar für die Blumen an der Schule. Fischer hatte immer die Rosenschere mit dabei, um ihre Lieblingspflanzen in Form zu halten. Sie hat den Garten Niki gehegt und gepflegt – nicht nur im wörtlichen Sinne. Da hat sie mancher falsch eingeschätzt. Speyer ist im Rekordfieber: Die Macher der Kaisertafel und die Macher der Postgalerie tun sich zusammen und stellen einen neuen Rekord auf. Die längste Kaisertafel aller Zeiten ist in wenigen Tagen angesagt. Das Open-Air-Genuss-Spektakel krankte in den vergangenen Jahren etwas an Beteiligungs-Schwund. Das Einkaufscenter ist seit Eröffnung leider immer noch nicht richtig auf die Beine gekommen. Jetzt ziehen beide voll durch. Die Kaisertafel überwindet die Hürde Altpörtel. Endlich. Denn hinterm Tor geht es wirklich weiter, auch wenn viele (Veranstalter) das noch nicht verinnerlicht haben. Der Herzenswunsch der Postgalerie wird erfüllt. Beide Veranstalter rechnen mit einer Win-win-Situation. Obwohl die Kaisertafel immer noch eine Marke ist, bleibt das eine mutige Schätzung. Wir drücken alle Daumen. Darauf wetten wollen wir nicht. Noch im Hockenheim-Fieber vom vorigen Wochenende oder schon auf dem Formel-1-Stadtkurs von Monte Carlo, Toronto oder Peking wähnten sich offensichtlich einige Autofahrer in dieser Woche auf ihrem Weg durch die Speyerer Innenstadt. Dabei hatten sie ihre Boliden leider überhaupt nicht im Griff. Opfer der Verwechslung wurden neben den Autos Poller am Dom, am Königsplatz und sogar der Jakobspilger an der breiten Gerade Maximilianstraße. Insbesondere der BMW-Fahrer, der auf dem Streckenabschnitt Ludwigstraße mit der tückischen Rechtskurve am Ende einen derartigen Speed entwickelt hatte, dass er sein Auto nur noch auf ein paar hundert Kilo Granit abstellen konnte, hatte sich voll verschätzt. Wird er noch merken, wenn die Polizei ihm die Rechnung präsentiert.

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