Speyer Vor 50 Jahren: Villa Ecarius vor dem Abriss bewahrt

Aufwertung: 2015 hat die Stadt vor der Villa Ecarius ein „Lesegärtchen“ anlegen lassen. Problem: die vielbefahrene Bahnhofstraße
Aufwertung: 2015 hat die Stadt vor der Villa Ecarius ein »Lesegärtchen« anlegen lassen. Problem: die vielbefahrene Bahnhofstraße.

„Die Villa prägt das Gesicht der Bahnhofstraße und nimmt als Heimat der Volkshochschule und der Stadtbibliothek einen ganz besonderen Stellenwert für die Verwaltung ein.“ Diese Einschätzung gibt es heute aus dem Rathaus zur Villa Ecarius in der Bahnhofstraße. Vor 50 Jahren hatte sich das anders angehört: Da stand sie vor dem Abriss.

Das rote Backsteingebäude, 1889 bis 1892 als herrschaftliche Doppelvilla für die Familien Kirrmeier und Kaiser erbaut, ist ein schönes Beispiel für die Stadtarchitektur der Gründerzeit. Ihr Name geht auf den Fabrikanten Fritz Ecarius als späteren Besitzer zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine Abwärtsentwicklung. Als französische Besatzungssoldaten ausgezogen waren, gab es eine Zwischenmiete durch das Sozialgericht, dann kam eine Baufirma ins Spiel, die den Abriss und ein Haus mit 80 Appartements plante, wie die Stadt berichtet. In dieser Zeit verfiel das Gebäude immer mehr. Obdachlose nisteten sich ein, es gab kleinere Brände und 1972 die Abrissgenehmigung durch die Stadt.

Was 1973 folgte, wird auch heute noch als Paradebeispiel bürgerschaftlichen Engagements in Speyer gelobt. Es bildeten sich Bürgerinitiativen, die alle damaligen Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit nutzten. Der städtische Planungsbeirat schaltete sich ein, der Denkmalschutz votierte für den Erhalt. Stadträtin Karin Ruppert trieb die Fürsprecher der Villa mit großem persönlichen Einsatz an.

Sparkasse kommt ins Spiel

Die Auseinandersetzungen zogen sich über Jahre hin. Als der Eigentümer insolvent war, stand die Zwangsversteigerung an. Die Stadt selbst hatte kein Geld für eine Übernahme, aber mit der Sparkasse kam zumindest ein öffentlich-rechtlicher Träger zum Zug. Dessen Pläne, statt der Villa seine Hauptstelle an der Ecke von Bahnhof- und St.-Guido-Straße anzusiedeln, waren dann der nächste Diskussionsstoff, denn sie hätten ebenfalls einen Abriss bedeutet. Auch ein Architektenwettbewerb schien darauf hinauszulaufen. Letztlich wurde der öffentliche Druck zu stark. 1977 entschied sich der Stadtrat für vorbereitende Untersuchungen zum Erhalt der Villa. An die Sparkasse ging im Austausch das Grundstück am heutigen Willy-Brandt-Platz, auf dem sie ab 1983 ihre Hauptstelle errichtete.

Die „neue“ Villa Ecarius wurde ab 1980 von Volkshochschule, Stadtbücherei und Musikschule bezogen. Als Speyerer Bildungszentrum soll sie erhalten bleiben. Die Stadt: „Das Gebäude ist seinem Alter entsprechend an der ein oder anderen Stelle sanierungsbedürftig, aber in absehbarer Zeit sind keine über das Maß hinausgehenden Maßnahmen notwendig.“

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