Speyer „Stehen Koalitionen kritisch gegenüber“

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Seit 20 Jahren ist die Speyerer Wählergruppe (SWG) Mitglied der jeweiligen Speyerer Stadtratskoalition. Jetzt könnte es damit vorbei sein: Die CDU und die SPD beraten über eine Zusammenarbeit für die nächsten fünf Jahre. Patrick Seiler hat SWG-Chef Frank Scheid, der auch Stadtbeigeordneter ist, dazu befragt.


Herr Scheid, was bedeutet es für die SWG, nach langer Zeit von der „Regierung“ in die Opposition zu gehen?

Die Frage stellt sich mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, da CDU und SPD erst in ein Sondierungsgespräch eingestiegen sind. Über das Ergebnis und damit die Frage, wer in der Opposition sein wird, traue ich mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Urteil zu. Wir befinden uns aus meiner Sicht zu Beginn der zweiten Halbzeit der Koalitionsverhandlungen. Da kann noch viel passieren. Wären Sie zur Opposition bereit? Wie ist in dieser Hinsicht das Selbstverständnis der SWG? Die SWG steht Koalitionen in der Kommunalpolitik eher kritisch gegenüber. Deshalb haben wir stets von einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit gesprochen und dies auch so gelebt. Nach der Kommunalwahl vom 25. Mai wäre jetzt der Zeitpunkt, mit allen Ratsfraktionen über eine emanzipatorische Politik zu sprechen, also darüber, ob Kommunalpolitik Koalitionen braucht oder ob eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit ausreicht. Bei Bedarf könnten Entscheidungen auch mit wechselnden Mehrheiten getroffen werden. Das Wohl der Stadt haben alle im Blick. Das ist der Sinn der Kommunalpolitik: abseits der Parteipolitik um die Sache kämpfen. Die SWG wird bei ihrer Mitgliederversammlung am 16. Juli über diese Politikauffassung diskutieren. Bedeutet das für einen Wählerverein etwas anderes als für eine Partei? Die Wählergruppe unterscheidet sich von Parteien in erster Linie darin, dass sie jeden Monat eine Mitgliederversammlung abhält, bei der kommunalpolitische Themen diskutiert werden. Dadurch sind wir näher an der Meinung des Bürgers dran und erfahren rechtzeitig die Stimmung an der Basis. Unsere Fraktion lässt dies in ihre Entscheidungen einfließen. Projekte, die nicht dem Bürgerwillen entsprechen, wie Fahrradparkhäuser am falschen Ort, können so gestoppt werden. Hatten Sie als Mitglied des Stadtvorstandes nicht schon vorher die Möglichkeit zu verhindern, dass so etwas auf die Tagesordnung kommt? Nein, die jeweiligen Dezernenten verwalten ihre Geschäftsbereiche selbständig, sodass über Vorlagen für die Fachausschüsse im Stadtvorstand nicht gesprochen wird. Welche Themen wird die SWG in den nächsten fünf Jahren verfolgen? Unser Fraktionsvorsitzender Martin Roßkopf hat in seiner letzten Haushaltsrede die Gesamtverschuldung der Stadt in Höhe von 263 Millionen Euro angesprochen und ausgeführt, dass die Neuverschuldung der Finanzierung der Zinsen von 5,6 Millionen Euro jährlich dient. Er hat den Vorschlag gemacht, in einen Sparhaushalt mit einer zehnprozentigen Kürzung bei den sonstigen laufenden Aufwendungen einzusteigen. Vorbild ist die Stadt Offenburg, die es auf diese Weise innerhalb von 15 Jahren geschafft hat, schuldenfrei zu werden. Das Thema Verringerung des Schuldenstandes wird neben der Baupolitik, dem Verkehrsentwicklungsplan und dem Feuerwehrbedarfsplan eines der zentralen Themen bis 2009 sein. Welche Umsetzungschancen hätten Sie dafür aus der Opposition? Das Thema Schuldenabbau ist so wichtig, dass wir mit einer fraktionsübergreifenden Unterstützung aller Parteien rechnen. Waren Sie auch in den vergangenen Jahren schon teilweise Opposition? Ja, immer dann, wenn es galt Unsinn zu verhindern. Stichwort Fahrradparkhäuser am falschen Ort. Gab es tatsächlich so viel Unsinn in den letzten fünf Jahren? Wie verurteilen Sie die Zusammenarbeit? Nein, natürlich gab es nicht viel Unsinn. Die Zusammenarbeit war gut. Nur bei wenigen Projekten gab es unterschiedliche Auffassungen. Wie geht es mit Ihrem Beigeordnetenamt weiter? Werden Sie darum kämpfen, wenn es 2015 erneut für acht Jahre zu vergeben ist? Ich kann mir nicht vorstellen, mit 55 Jahren schon in Rente zu gehen und werde mich wieder zur Wahl stellen. Der Stadtrat entscheidet. Wenn er mich in Pension schickt, werde ich mich nach einem anderen Arbeitsplatz umschauen müssen.

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