Speyer Saugen statt Strafzinsen zahlen

Wusch, weg ist das Geld – gut geparkt in einem Staubsaugerfonds. So nennt Clemens Körner die kurzfristige Anlage von Bargeldbest
Wusch, weg ist das Geld – gut geparkt in einem Staubsaugerfonds. So nennt Clemens Körner die kurzfristige Anlage von Bargeldbeständen des Kreises.

«Ludwigshafen.» Ein bisschen peinlich ist Clemens Körner das Thema schon. Und was er sich in letzter Zeit von den Kollegen der umliegenden Städte schon alles anhören durfte! Nur weil im Kreis bei den Haushaltsberatungen im Dezember nicht das große Jammern ausgebrochen ist. Selbst die Opposition lobte in ihren Haushaltsreden den 2018er Etat. Der kritische Jürgen Creutzmann (FDP) segnete das Zahlenwerk wohlwollend ab und Grünen-Fraktionschef Heinz-Peter Schneider fand den Haushalt gar „sauguud“. Was gemacht werden muss, kann gemacht werden. Geplant sind Investitionen von 26 Millionen Euro. Der Rhein-Pfalz-Kreis kann aber seine Verbindlichkeiten erfüllen, der Haushalt ist ausgeglichen und im Ergebnishaushalt steht derzeit ein Jahresüberschuss von 270.000 Euro. Aber da geht noch was: Die Finanzabteilung geht hin und löst mal eben für 6,6 Millionen Euro Kredite ab – ohne die Bargeldreserven aufzubrauchen. Die Neider lästern. Vor allem Ludwigshafen und Speyer schielen begehrlich auf den Kreis beziehungsweise sein Geld. Soll er doch endlich dafür blechen, dass seine Bürger in die Stadt fahren, Straßen, Theater und Schulen nutzen. Den Landrat lassen solche Forderungen kalt. Er ist der Meinung, dass der Kreis eben mit Augenmaß wirtschaftet. Die Städte sind aber nicht die einzigen, die an die Rhein-Pfalz-Kreis-Kohle wollen. Auch die Banken scharren mit den Füßen. Und das bringt Körner jetzt nicht unbedingt ins Schwitzen, aber doch zum Nachdenken. Denn der Landrat sieht es überhaupt nicht ein, dafür bestraft zu werden, dass der Kreis Geld hat. Strafzinsen lautet das Stichwort, das Körner nicht gerne hört. Das Prinzip dahinter ist recht schnell erklärt: Der Kreis hat noch rund zwölf Millionen Euro auf seinen Konten. Die Banken, die das Geld wiederum bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken, müssen dieser zurzeit dafür 0,4 Prozent Zinsen zahlen. „,Dass ihr Geld bei uns habt, kostet uns Geld‘, sagt etwa die Sparkasse. Und genau das Geld, diese 0,4 Prozent, will sie zurückhaben“, erklärt Körner. Strafzinsen quasi. Und die will der Landrat nicht zahlen. Schließlich gibt es Momente im Jahr – vier, um genau zu sein – da hat der Kreis mal locker 40 Millionen Euro auf der hohen Kante. Dann wenn Zahltag ist, die Kreisumlage fließt und Schlüsselzuweisungen überwiesen werden. „Voll die fette Kohle – aber die Banken schlucken“, sagt Körner. Was also tun? Den drohenden Strafzinsen abwartend entgegensehen. Oder sich doch lieber etwas überlegen? „Ich entscheide mich dafür, zu handeln“, sagt der Landrat. Und nach Abwägen aller Seiten nutzt der Rhein-Pfalz-Kreis folgende vier Möglichkeiten. Erstens: Kredite auf einen Schlag abbezahlen, um den Kassenbestand zu reduzieren. Was nicht mehr da ist, kann nicht mehr strafbezinst werden. „Das haben wir ja wie gesagt bereits gemacht“, sagt Körner und verweist auf die 6,6 Millionen Euro. Zweitens: Die Kreisumlage senken – im konkreten Fall: um einen Prozenpunkt auf 42 Prozent. Damit schont der Kreis seine Gemeinden und bekommt selbst weniger aufs Kreiskonto gezahlt. Drittens: Die Finanzabteilung im Kreishaus übt sich im Cash-Management, was nichts anderes heißt als: Sie überlegt sich, was sie mit dem Bargeld macht, das sie hat. Eine Lösung: Es landet zum Beispiel in einem Staubsaugerfonds. „Also ich nenne den einfach mal so“, sagt Körner. Und erläutert: Alles, was zu viel ist, wird eben mal eingesaugt und in einem Fonds geparkt. Kurzfristig läuft das. Und dort liegt das Geld dann mal für vier Wochen oder drei Tage. Ohne dass Strafzinsen drohen. „Natürlich sind das alles seriöse Einlagen“, betont der Christdemokrat aus Dudenhofen, der vor einem Jahr mit 68,9 Prozent der Stimmen in seine zweite Amtszeit gewählt wurde. Jetzt könnte der Kreisbürger natürlich fragen, warum saniert der Kreis jetzt, da das Geld locker sitzt, nicht einfach mal eine kaputte Straße? „Ganz einfach, weil die zwölf Millionen Euro, die wir haben, nicht für Investitionen gedacht sind, sondern in den Kaffeetassen stecken.“ Staubsauger. Kaffeetassen. Nachhilfestunden mit Clemens Körner in Sachen Finanzen leben von ihrer eigenen Bildhaftigkeit. „Na, das sind die Tassen aus dem Gleichnis unseres Büroleiters Karl-Heinz Hammes“, sagt Körner. „Die Tassen seiner Oma für die Miete, die Nebenkosten, die Nahrungsmittel und so weiter.“ Zu jeder Tasse gibt es ein Gegenstück, in dem gesammelt wird, was die Oma verdient, was der Opa verdient und was der Nebenerwerb abwirft, sprich: Tassen, aus denen die laufenden Kosten bezahlt werden. „Und die haben wir natürlich als Kreisverwaltung auch. Gehälter müssen etwa gezahlt werden. Deshalb können wir das Geld nicht einfach für Straßen ausgeben.“ Was aber geht – und damit kommt Körner zur vierten Möglichkeit: „Man kann eine Kreditaufnahme für eine Investition herauszögern, indem man einen gewissen Bargeldbetrag reinbuttert.“ Das hat der Kreischef auch wieder schön gesagt. Körner ist schon klar, dass er hier über Lösungsmöglichkeiten für ein Luxusproblem referiert. „Außer uns geht es vielleicht noch zwei oder drei Landkreisen so gut.“ Was Körner nicht mag, sind die Vergleiche mit den Stadt-Etats. Ludwigshafen und den Kreis gegenüberzustellen, das heiße Äpfel mit Birnen zu vergleichen. „Im Grunde genommen muss man die Verschuldung unserer Gemeinden in den Fokus nehmen.“ Diese Rückstände plus die Kreisschulden ergeben eine so erschreckende Summe wie die gesamten Lu-Miesen? „Äh, natürlich nicht“, gibt Körner mit einem leisen Lächeln zu. Die Zahlen zeigen es: Da stehen gerade mal rund 176 Millionen Euro 1,15 Milliarden gegenüber. „Was jetzt aber nicht heißt, dass diese Speckgürteldiskussion wieder aufkommen muss.“ Stadt ist Stadt. Und Kreis ist Kreis. Nur wie der künftig gezogen wird, darüber würde Körner mit sich reden lassen.

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